Denn man muss kein spießiger Vertreter der Fraktion „Früher war alles besser“ sein, um wenig Gefallen daran zu finden, was aus Weihnachten im 21. Jahrhundert geworden ist.
Zur Veranschaulichung genügt eine Fahrt durch eine beliebige Siedlung im Wiener Speckgürtel oder am flachen Land, die im Advent dank Lichtinstallationen von eher fragwürdiger Ästhetik einer Schmalspur-Version von Las Vegas gleichen. Was das Ganze nicht angenehmer macht: Der Advent scheint mittlerweile schon von Allerheiligen bis Faschingsdienstag zu reichen. Die viel beschworene weihnachtliche Stille und Stimmung findet man indes nur mehr auf Postkarten und schon etwas angestaubt wirkenden TV-Sendungen.
Vielleicht wächst aus der städtischen Sparmaßnahme ja die Erkenntnis, dass es die ausufernde vorweihnachtliche Lichtverschmutzung gar nicht braucht, um sich stimmungsvoll auf das Fest vorzubereiten. Ganz gleich ob in der Stadt oder im Speckgürtel.
Josef Gebhard ist Redakteur im Wien-Kommunal-Team des Chronik-Ressorts
CONTRA
Energie sparen ist das Gebot der Stunde. Natürlich muss auch die Stadt Wien hier als Vorbild agieren. Dass aber als Aushängeschild eben dieser Vorbildwirkung die Weihnachtsbeleuchtung später (oder teils gar nicht) eingeschaltet wird, ist das falsche Signal. Es liegen ohnehin schon entbehrungsreiche Jahre hinter uns – und die Zukunft sieht angesichts der nicht aufzuhaltenden Teuerungswelle nicht minder düster aus. Muss man jetzt auch noch extra die Adventzeit in die Dunkelheit stürzen?
Noch dazu sind die zu erwartenden Einsparungen mehr als überschaubar. Seit der Umstellung auf LED lässt sich der Verbrauch mit 85.000 kWh/Jahr beziffern. Umgerechnet bedeutet das, dass die gesamte Wiener Weihnachtsbeleuchtung, die immerhin 30 Einkaufsstraßen erhellt, den gleichen Verbrauch hat wie ein einziges Wiener Zinshaus innerhalb eines Jahres. Ein großer Wurf sieht anders aus.
Mehr noch: Der festliche Glanz lockt alljährlich Touristen an. Gleichzeitig wird die Frequenz in den Einkaufsstraßen erhöht. Das Weglassen der Beleuchtung wird sich also auch auf mehrere ohnehin schon angeknackste Wirtschaftsbereiche auswirken. Weil die Beleuchtung so bekannt und so weit sichtbar ist, ist das Abschalten auf den ersten Blick ein reizvolles Symbol, um zu zeigen, dass die Stadt spart. Damit hat man es sich aber zu leicht gemacht. Auf den zweiten Blick zeigt sich nämlich, dass es eigentlich die Wienerinnen und Wiener sind, die verzichten müssen – nämlich auf Lebensfreude.
Agnes Preusser ist stellvertretende Chronik- Ressortleiterin
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