PRO:
Wer findet, dass die Olympischen Spiele frei von Politik sein sollen, kann gleich einmal den Fackellauf streichen. Denn dieser wurde von den Nazis eingeführt, um vor Olympia in Berlin von ihren Verbrechen abzulenken.
Spätestens seit 1936 sind die Spiele höchstpolitisch. Der Terroranschlag in München 1972, der Boykott von Moskau 1980 und Los Angeles 1984 oder zuletzt die Vergabe von gigantischen Spielen an Diktaturen wie China oder Russland – hat das alles mit Politik nichts zu tun?
Natürlich ist auch der Einsatz von Snoop Dogg als Fackelträger ein Statement. Der Rapper hat zwar versprochen, das Thema Kiffen außen vor zu lassen, aber jedes Kind weiß, wofür er steht. Die Bilder, wo sich der Kalifornier beim Super Bowl einen Joint gönnte, gingen um die (soziale Medien) Welt.
Na und? In einer Zeit, wo sich Politiker beim Biertrinken – also dem Konsum einer harten Droge – feiern lassen, kann so etwas doch nur noch ein paar Puritaner aufregen. Von den USA bis Deutschland und Thailand wurde Cannabis zuletzt entkriminalisiert. Mittlerweile weiß man, dass Alkohol die gefährlichste Einstiegsdroge ist. Dennoch gilt es als selbstverständlich, dass Sportler nach einem Medaillengewinn mehr oder weniger klausuliert gefragt werden, ob sie sich eh nachher ordentlich volllaufen haben lassen.
Dass Snoop Dogg die Fackel in Paris tragen durfte, ist ein Zeichen gegen diese wirkliche gesundheitsschädliche Doppelmoral. Und es ist gut, dass Olympia hier Flagge zeigt.
Dominik Schreiber Chronik-Chefreporter
CONTRA:
Er ist Gangsta-Rapper, Produzent, Moderator und hat sich einen Namen als Gourmet gemacht, seitdem er mit der US-amerikanischen Super-Hausfrau Martha Stewart durch eine Kochshow führte.
Snoop Dogg ist seit Jahrzehnten eine Kultfigur. Alles schön und gut. Eine Sache, mit der er aber gewiss nicht assoziiert wird, ist Sport. Im Gegenteil: Calvin Broadus, wie Snoop mit bürgerlichem Namen heißt, steht wie kein anderer für Cannabiskonsum. 2019 prahlte er im Podcast von Howard Stern damit, dass er einen Assistenten beschäftigt, dessen einzige Aufgabe darin besteht, seine Joints zu drehen.
Man kennt den Mann eigentlich nur mit einer Cannabis-Zigarette in der Hand. Die olympische Fackel sollte aber bitte nicht an eine solche erinnern.
Es ist zwar Tradition, dass auch Film- und Musikstars das Feuer zu den Spielen tragen – schließlich erhöht es die Aufmerksamkeit für das Event. Aber muss gerade der weltbekannteste Kiffer die Fackel in die Arena bringen? Ist das die Art von Kontroverse, die eine Sportveranstaltung braucht? So viele Sportlegenden hätten sich diese Ehre mehr verdient.
Snoop Dogg setzte dem Ganzen selbst noch die Krone auf, indem er sich mit dem besten Boxer aller Zeiten verglich, Muhammad Ali. Er sagte, dass er sich emotional daran zurückerinnere, wie „der Champion die Fackel in der Hand hielt“. Für ihn würde es sich genauso anfühlen, nur in seiner eignen Version. Aber Herr Broadus, vergessen Sie bitte nicht, dass Ihnen dazu eine olympische Goldmedaille und drei unumstrittene Weltmeistertitel fehlen.
Birgit Seiser Chronikreporterin
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