Operation Größenwahn

 
Gesetze gelten auch für globale Online-Riesen wie Facebook, Google, Amazon oder Uber
Hermann Sileitsch-Parzer

Hermann Sileitsch-Parzer

Die digitale Revolution überrollt den Erdball. Kann oder soll man diese Entwicklung stoppen? Nein. Aber man soll sie in geordnete Bahnen lenken. Und nicht naiv den Verheißungen einer besseren, gerechteren Welt auf den Leim gehen. Wie glaubwürdig ist das, wenn milliardenschwere Mittdreißiger Besitz verteufeln und stattdessen das Teilen als neues Mantra predigen?

Toll, was uns da alles versprochen wird: „Aus Fremden sollen Freunde werden“ (Airbnb). „Wir kämpfen gegen fürchterliche Taxi-Kartelle“ (Uber). „Geld verdienen, ohne jemandem zu schaden“ ( Google). Alles im Dienste und mit der Vision einer besseren Welt.

Aggressiv und arrogant

So unschuldig sind die digitalen Überflieger freilich nicht. Die Realität ist viel prosaischer, als uns der Werbe-Neusprech aus dem Silicon Valley weismachen will. In ihrem Expansionswahn sind die Online-Visionäre nicht zimperlich. Überschüttet mit Investorengeld erobern sie aggressiv einen Markt nach dem anderem. Je schneller, desto besser. Steuervorschriften, Gewerbeordnungen, Standesregeln, Gesetze? Alles Firlefanz, der nur bremst. Wir sind doch innovativ und global, was kümmern uns eure alten staatlichen Regeln!

Müssen wir uns dem fügen, weil uns die US-Technologieriesen überlegen sind? Nein, müssen wir nicht. Stimmt schon: Der Stärkere und Innovativere schluckt den Schwächeren; so funktioniert Wettbewerb. Aber bitte zu fairen Regeln, die für alle gelten! Was wir nicht brauchen sind neue Monopole jenseits jeder Rechtsordnung, die von Einzelstaaten kaum einzufangen sind. Und obendrein Jobs in Wirtschaftszweigen bedrohen, in denen noch ordentlich Löhne und Steuern gezahlt werden, vom Handel übers Taxigewerbe oder die Hotelbranche bis zu, ja, auch Medien. Gut, wenn die EU-Wettbewerbshüter Amazon und Google auf die Finger klopfen.

Eine seltsame Art Freiheit

Ähnlich arrogant agieren viele Online-Konzerne übrigens gegenüber ihren Usern. Die Nutzungsbedingungen für Facebook und viele Apps sind eine Zumutung. Erstaunlich, wie viel wir dafür preisgeben. Informationen, wo wir gerade sind, unsere Freunde, Hobbys, Vorlieben, private Fotos: ein ziemlich hoher Preis für „Gratis-Apps“. Eine andere Wahl bleibt uns derzeit kaum, außer wir verzichten ganz.

Schon bald nehmen uns selbstfahrende Autos das Lenkrad aus der Hand. Oder implantierte Chips gehen uns buchstäblich unter die Haut. Spätestens da muss sich jeder fragen: Wie weit lasse ich diese Technologien an mich heran? Von der großen digitalen Freiheit zum ferngesteuerten Menschen – womöglich ist das nur ein kleiner Schritt.

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