Wie mich das Kopftuch der Uroma zu einem Kind zweier Welten gemacht hat

KURIER-Redakteur Michael Pekovics kommentiert
Wenn der Nachbar über den Zaun ätzt, muss er auch den Konter aushalten.
Michael Pekovics

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„Scho’ viele Kopftiachl do draußen, oder?“ Überraschend ist es ja nicht, dass dich der Nachbar über den Gartenzaun hinweg anredet. Aber was um Himmels willen meint er? „Ähm, ja?“, frage ich vorsichtig zurück, während mir dämmert: Da geht’s jetzt gleich um Wien. „Na weil du doch viel draußen arbeitest, mein ich. Mir wär das zuviel, ich kenn das noch von früher, vom Hin- und Herpendeln.“

Ah, alles klar. Zu viele Ausländer meint er also, der Herr von Nebenan. Zwar selbst mit einem slawisch klingenden Nachnamen ausgestattet und vom Teint auch etwas dunkler, aber hey – jedem seine Perspektive. Man wird ja wohl noch sagen dürfen, dass ... Deshalb folgt dann meine: „Ja, das ich find auch. Diese ganzen -ics auf den Türschildern, vor allem bei mir im 10., Pekovics zum Beispiel.“ Seinen verdutzten Blick hab ich mir dann zumindest eingebildet, weiterreden wollte ich nicht mehr.

Dafür aber über den Ursprung jener Ablehnung nachdenken, die es da offenbar am Land gegenüber Wien gibt. Als Kind beider Welten – ich habe so ziemlich genau die Hälfte meines Lebens in Wien und im Burgenland gelebt – sehe ich eher die Vorteile: pulsierendes Leben versus Ruhe, Anonymität versus Anteilnahme, städtische Infrastruktur versus grüne Landschaft.

Jetzt kann mensch das ins Gegenteil verkehren und das Schlechte betonen: Stress versus Monotonie, Einsamkeit versus Dorftratsch, Lärm versus fehlende Infrastruktur. Aber nie im Leben hätte ich mich an fremden Kulturen gestört, weder in der Stadt noch am Land. Schließlich ist mir als Südburgenländer der Ramadan fast ebenso fremd wie das Fahnenschwingen in Neckenmarkt. Und Kopftiachl gibt’s sowohl hier als auch da jede Menge. Meine Uroma hatte zum Beispiel immer eines auf.

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