Wenn dem besten Ort der Stadt die gut gemeinte Zerstörung droht

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Kein Platz in Wien funktioniert so gut, wie er.
Julia Schrenk

Julia Schrenk

Jetzt. Wissen Sie, welcher der beste und tollste Platz in Wien ist? Der Karlsplatz.

Ja, das meine ich ganz ernst.

Nein, über seine Drogenvergangenheit reden wir an dieser Stelle nicht mehr. Die ist Geschichte.

Der Karlsplatz ist der wahrscheinlich urbanste Ort in dieser Stadt. Wenn die viel strapazierte Beschreibung „Schmelztiegel“ für Wien irgendwo zutrifft, dann hier. Denn der Karlsplatz ist für alle da.

Hier üben die jungen Skater ihre Tricks, hier verbringen Eltern mit ihren Kindern den Nachmittag am Spielplatz, hier genießen ältere Menschen die Sonne mit einer Zeitung auf einem Bankerl. Und im Sommer sitzt man hier auf dem warmen Asphalt und trinkt sein Bier – aus der Dose.

Und nicht einmal den Pfarrer stört das dort.

Bald. Diesen Frühling und Sommer könnte allerdings alles anders sein. Damit die Gastronomie überleben kann, will die Stadtregierung ab 27. März öffentliche Orte mit Schanigärten bespielen. Mit Test, Abstand und Sicherheitskonzept.

So ähnlich wie beim Filmfestival auf dem Rathausplatz voriges Jahr: Da wurden eigene Kojen errichtet – mit ausreichend Abstand zu den Nachbarn. Noch steht das Konzept für die Öffnung am 27. März nicht, aber derzeit schaut es so aus, als würden Rathausplatz, Reumannplatz und Karlsplatz mit öffentlichen Gastgärten bestückt.

Und während die Idee, jenen Lokalen, die keine Freiflächen haben, welche zur Verfügung zu stellen, wirklich lobenswert ist, darf man sich doch wundern, warum die für die Wirte eigentlich präferierte Variante nicht angewendet werden soll: Parkspuren oder Gehsteige vor den Lokalen freizugeben.

Den Autofahrern ein bisschen Platz wegnehmen, das traut sich Rot-Pink nicht. Da zerstört man lieber den besten und tollsten Ort, den diese Stadt zu bieten hat.

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