Über den Versuch, Weihnachten auszusperren

Über den Versuch, Weihnachten auszusperren
Wie ich Weihnachten heuer boykottieren wollte und an ganz viel Liebe gescheiter bin.
Anja Kröll

Anja Kröll

Noch dreimal schlafen, dann ist Weihnachten. Als Kind hätte mich dieser Satz in einen freudigen Ausnahmezustand versetzt. Heiliger Abend, das war Christbaum, Christkind, Christmette. Unbeschwertheit.

Die vergangenen eineinhalb Jahre haben das Gegenteil gebracht. Begonnen mit dem letzten Schritt zum Erwachsenwerden mit dem Sterben des Vaters, gefolgt von dem unvorstellbaren Verlust beider Großeltern als Draufgabe.

Also habe ich heuer den Weihnachtsboykott ausgerufen. Wie soll man ein Familienfest feiern, wenn jene, die dem Wort erst Bedeutung geben, es mit Leben und Erinnerungen erfüllen, nicht mehr da sind?

Der Plan war gefasst. Freiwilliger Arbeitseinsatz am Samstag, danach Wok mit Huhn und Gemüse, dazu hochtrabende Fernsehunterhaltung à la Kevin allein … wo auch immer zu Hause oder in New York.

Die Mutter wäre nicht im Big Apple, aber beim Freund in Wien gewesen. Ich würde Weihnachten aussperren.

Der Plan war bis zu jenem Zeitpunkt gut, als ich ihn besagter Mutter mitteilte.

Die Reaktion? Schweigeminute am Telefon. Tiefer Atemzug. Zitat: „Du spinnst ja wohl!“ Sonst nichts. Mütterliche Liebe in Reinstform.

Muttertier sagte Wien ab und kündigte Anreise mit Freund zu Weihnachten ins Bergdorf an.

Nachsatz: „Du arbeitest, wir machen den Rest.“

Ich koche nun die Suppe und habe eine lange Einkaufsliste erhalten von Dingen, die ich unbedingt VORHER besorgen muss. Damit ich dann in Ruhe arbeiten kann. Fernsehen darf ich aber nicht. Hat die Mama gesagt.

Und ich sage: Noch dreimal schlafen, dann ist Weihnachten. Ich freue mich.

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