Singen Sie schon, oder warten Sie noch?

Singen Sie schon, oder warten Sie noch?
Gedanken in der Warteschleife, wenn das Gegenüber nicht abhebt, es dann aber plötzlich doch tut
Anja Kröll

Anja Kröll

Wer jemals 9 Minuten und 30 Sekunden in einer Warteschleife mit Dudel-Musik verbracht hat, dem bleibt genügend Zeit, um über den Sinn des Lebens nachzudenken.

Gut, vielleicht nicht über das große Ganze, aber zumindest über den Sinn der Auswahl von Warteschleifen-Liedern. Ist das eigentlich ein eigener Beruf? Warteschleifenmusik-Auswähler. Gibt es da empirische Forschungen dazu? Welches Geklimpere stimmt wartende Kunden milde, was treibt sie noch mehr zur Weißglut?

Eigenerfahrung: Vor den 9 Minuten und 30 Sekunden in Warteschleife Nummer zwei mit nicht eindeutig definierbarem Gedingel lief in Warteschleife Nummer eins „What a feeling“. Flashdance. Da wippt das Bein doch auch ohne Legwarmers gleich mit.

Und wenn Sie es keinem weitersagen: Manchmal singe ich bei Warteschleifenliedern auch mit.

Leider etwas peinlich, wenn das andere Ende der Leitung abhebt, während man inbrünstig singt:

„First, when there’s nothing But a slow glowing dream That your fear seems to hide Deep inside your mind.“

Werden Sie jetzt zu Recht sagen: Ha, das ist der Liedanfang vom Flashdance-Song. Haben Sie absolut recht.

Aber so Lieder wiederholen sich ja in Warteschleifen. Was dem Wesen von Warteschleifen entspricht.

Also Liedanfang gefühlt 50-mal hören, bevor man eine Stimme hört, die einem beim Anliegen hilft.

Das arme Gegenüber, wenn es dann abhebt, dürfte es aber wohl gewohnt sein, dass es (falsch) angesungen wird. Und es denkt dann wohl genau so intensiv über den Sinn der Auswahl der Warteschleifen-Lieder nach.

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