Die Miterzieher in der kleinen Welt im Grätzel
Kinder verändern die Welt, heißt es. Stimmt, nur dass es zunächst weniger die große, weite Welt ist und mehr die kleine, feine Welt. Die Welt im Grätzel.
So kommt es, dass man schon während des Mutterschutzes eine viel tiefer als den üblichen Einkauf von drei Schrauben, einem Wettex und einem Tixo gehende Bekanntschaft zum Eisentandler ein paar Häuser weiter pflegt. (Man hat ja dann Zeit zum Renovieren.)
Weswegen sich der Eisentandler irgendwann statt dem „No, bei dir dauert’s nimma lang“ zu einem „Heast, jetzt platzt bald. Owa des hauma eh glei zamgwischt“ erdreistet. Gut, der Eisentandler war noch nie für seine zwischenmenschliche Diplomatie bekannt. Und, immerhin, man kennt den Eisentandler und der Eisentandler kennt einen.
Bei den Begegnungen mit den älteren Wiener Herrschaften, die sich durch die bloße Anwesenheit eines kleines Kindes plötzlich bemüßigt fühlen, sich einzumischen, ist das anders. Und trotzdem melden sie so gerne von der Seite hinein.
Kauft man dem Kind Heidelbeeren, sagen sie: „Das sind ja gar keine echten Heidelbeeren! Die echten Heidelbeeren ...“ Nimmt man mit dem Kind im Freibad-Buffet Platz, sagen sie: „Du brauchst schon ganz dringend dein Bappi, gell“. Wenn es beim Papa ist und zur Mama zeigt, sagen sie: „Ohne die Mama geht halt nix.“
Und wenn man sich dann erdreistet, zurückzureden und sie darauf hinzuweisen, dass das ein aufgelegter Blödsinn ist, weil das Kind und der Papa ausgezeichnet ohne die Mama zurechtkommen, dann werden sie pampig und erklären, dass es die Mütter früher ja viel schwerer hatten.
„Miterzieher“ hat Christine Nöstlinger diese Art von Menschen genannt. Und sich schon 1995 darüber beschwert, dass sie noch immer nicht ausgestorben sind. Auch 27 Jahre später sind sie noch nicht einmal unter den gefährdeten Arten.
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