Der Abgang eines zu sozial gewordenen Sozialdemokraten
Heute in einer Woche wird Gerhard Zatlokal (SPÖ) zum letzten Mal aus seinem Büro spazieren. Die Zeichnung mit den blauen Glitzerwellen (Überschrift: „Der Pool ist cool“) von der sechsjährigen Alma wird er dann schon abgenommen haben. Von der Zeichnung erzählt Zatlokal gern, um zu zeigen: Der Gürtel-Pool, sein Gürtel-Pool, hat nur seinen Freundinnen und Freunden im Rathaus nicht gefallen. Den Menschen im Bezirk sehr wohl.
Heute in einer Woche legt der Bezirksvorsteher des 15. Bezirks nach 14,5 Jahren sein Amt zurück. Gezwungenermaßen. Weil er 2020 gemeinsame Sache mit dem grünen Bezirksvorsteher des 7. Bezirks machte und eine Gürtel-Kreuzung sperren ließ, um einen Pool aufzustellen, hat die Rathaus-SPÖ mit ihm gebrochen.
Für sie war das ein Affront. Projekte, die er vor der Wahl mit Planungsstadträtin Birgit Hebein (Grüne) auf Schiene brachte, ließ nach der Wahl Planungsstadträtin Sima (SPÖ) „überarbeiten“.
Zatlokal war der Rathaus-SPÖ mit seiner Politik lästig geworden: Ihr war seine Politik zu grün geworden, dabei war sie nur eines: pragmatisch. Zatlokal ließ Radwege bauen – weil der 15. Bezirk jener ist, mit den wenigsten Autos. Zatlokal stellte Fitnessgeräte in Parks – weil sich viele Menschen im 15. Bezirk kein Fitnesscenter-Abo leisten können. Zatlokal verhängte eine verkehrsfreie Zone vor einer Schule – weil sich Eltern, Schüler und Lehrer beklagten, dass der Schulweg zu gefährlich sei. Zatlokal stellte einen Pool auf – weil viele Menschen im 15. Bezirk zu wenig Geld haben, um im Sommer aus der heißen Stadt ins kühle Landhaus zu flüchten.
Zatlokals Politik war die passende für den jüngsten und zugleich ärmsten Bezirk Wiens. Birgit Hebein soll einmal gesagt haben, Zatlokal sei der einzige echte
Sozialdemokrat. Vielleicht ist er nicht der einzige, aber ein echter ist er sicher.
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