2 Minuten – 8 Sekunden: Das geht sich nicht aus

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Das mit dem Zu-Fuß-Gehen in Wien ist so eine Sache. Wien will fußgängerfreundlich sein, aber Vorrang haben die Autos.
Julia Schrenk

Julia Schrenk

Steh-Kaffee. 1 Minute, 50 Sekunden und 26 Hundertstel. Wissen Sie, was man in der Zeit alles machen kann? Einen Espresso trinken (geht auf ex in zwei Sekunden), ein Marmeladebrot schmieren und ein halbes essen (1:50,75), den Geschirrspüler ausräumen (1:48,36), ein Lied anhören („Fell in love with a girl“ dauert exakt 1:50 Minuten).

Man kann in fast zwei Minuten aber auch einfach warten. Auf bessere Zeiten (dann wäre man zumindest gut abgelenkt) – oder darauf, dass man endlich drankommt.

1 Minute, 50 Sekunden, 26 Hundertstel ist jene Zeit, die Sie vor der Fußgängerampel, die von der Wassergasse im 3. Bezirk zum Donaukanal führt, auf Grün warten. Darüber ärgern Sie sich aber am besten erst, wenn Sie die gegenüberliegende Seite erreicht haben. Um den Zebrastreifen zu überqueren, bleiben Ihnen nämlich nur 9 Sekunden und 51 Hundertstel.

Steh-Café. Das mit dem Zu-Fuß-Gehen in Wien ist so eine Sache. Wien will ja besonders fußgängerfreundlich sein. Es gibt Fußgängerzonen und Flaniermeilen, eine Spazierwegekarte und Geh-Cafés, eine Fußgänger-Website und eine App. 2020 wurde Wien zur fußgängerfreundlichsten Stadt der Welt gekürt (vor Lissabon und New York City). Und seit 2013 beschäftigt die Stadt eine eigene Fußgängerbeauftragte.

Aber sind Sie schon einmal beim Zebrastreifen vom Stadtpark zu Heumarkt und Reisnerstraße gestanden?

1 Minute, 27 Sekunden und 48 Hundertstel müssen Sie warten, bis die Ampel grün für Sie leuchtet. Und falls Sie es schaffen, den Zebrastreifen ohne Zusammenstoß mit Radfahrern zu erreichen, trödeln Sie nicht! Ihre Grünphase beträgt nur 8 Sekunden und 32 Hundertstel.

Ich hoffe, Sie sind gut zu Fuß.

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