Ein demokratisch gewachsenes Zwei-Kammern-System im Parlament für einen Sager über Bord zu werfen, ist für eine Partei wie die Neos ungewöhnlich populistisch. Innovativer wäre es, den Bundesrat als Gegenpol zum Nationalrat in der Verfassung eine stärkere Rolle zuzugestehen.
Meinl-Reisinger hat sich auch als Wortführerin jener Kritiker präsentiert, die unter anderem die Bundesländer als eine der Ursachen dafür sehen, dass der Staat derzeit in einer finanziellen Schieflage ist. Dass die Bundesregierung die Landeshauptleute mehr an die Kandare nehmen soll, dafür kann sich auch der grüne Vizekanzler Werner Kogler erwärmen. Dass gerade diese beiden Parteien am meisten mit dem Finger auf die Bundesländer zeigen, ist keine besondere Überraschung. Sie können auf der Ebene momentan am wenigsten mitreden. Dass in den Landeshauptstädten darauf nicht reagiert wird, überrascht genauso wenig. Dort wird es von den Landeshauptleuten als das übliche Geplänkel vor einer Nationalratswahl abgetan.
Dabei müsste man auch da genauer hinsehen, wo zuletzt unnötige Konfliktpunkte aufgetreten sind. Das Zusammenspiel der verschiedenen Ebenen scheint nicht mehr so zu funktionieren, wie das im Staatsgefüge vorgesehen ist. Am deutlichsten wurde das bei der Bodenschutzstrategie sichtbar. Da haben sich die Länder eigene Vorgaben verpasst, der Bund – vor allem der grüne Koalitionspartner – wurde links liegen gelassen. Bei der Mindestsicherung wäre es auch sinnvoll, wenn bundesweit zu einer einheitlichen Linie gefunden wird. Von Doppelförderungen als geduldetes Übel gar nicht zu sprechen.
Im Jahr 2003 ist unter der Führung des ehemaligen Rechnungshofpräsidenten Franz Fiedler ein Österreich-Konvent einberufen worden, um breit über eine grundlegende Staats- und Verfassungsreform zu diskutieren. Die Ergebnisse waren angesichts der hohen Erwartungen dann eher dürftig. Ein neuerlicher, überparteilicher Anlauf wäre nach dem Wahltag wünschenswert. Da könnte nämlich fundiert über Themen wie Bundesrat oder einen modernen Föderalismus diskutiert werden. Abseits des puren Wahlkampf-Populismus, den wir noch einige Tage ertragen müssen.
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