Eigentlich war vor zwei Jahren mit einem mittelfristigen Kollaps der russischen Wirtschaft gerechnet worden. Und zwar wegen der EU-Sanktionen. Noch immer hallen in diesem Zusammenhang die pathetisch formulierten Worte von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach: „Die Sanktionen beißen ganz hart.“
Tun sie nicht. Sie werden nämlich – no na! – umgangen. Das gelingt über Drittländer, die die sanktionierten westlichen Waren importieren und dann nach Russland weiterverkaufen (siehe auch Bericht auf Seite 7). Waren und sind die Sanktionen also falsch? Nein. Denn vergessen wir niemals: Putin hat diesen Krieg begonnen! Er ist ein Kriegsverbrecher! Einem Kriegsverbrecher darf man nicht mit völlig freiem Handel begegnen. Vonseiten der EU-Politik wäre es jedoch klüger gewesen, den Menschen die bittere Wahrheit zu sagen. Dass Sanktionen in einer globalisierten Welt nur beschränkt wirken können (siehe auch das Beispiel Iran) und für die eigene Bevölkerung teuer werden. Und noch eine unangenehme Wahrheit zeigen die Sanktionen und ihre Umgehung in aller Schärfe: Die wirtschaftliche Relevanz der EU ist im Sinkflug. Die Musik spielt anderswo. In China, in Indien und in den USA. Sie alle machen gute Geschäfte mit Putin. Die USA zum Beispiel kauften 2023 so viel Uran aus Russland wie nie zuvor. Uran steht, welch „Zufall“, nicht auf der Sanktionsliste.
Aber die Sanktionen kümmern Putin wohl ohnedies kaum noch. Schlimmer noch: Er und seine Oligarchen profitieren vom Krieg. „Die enormen Ausgaben dafür wirken wie eine Droge auf die Wirtschaft“, analysiert das wiiw. Fast 30 Prozent des Staatsbudgets werden für das Militär ausgegeben. Die Rüstungsausgaben werden heuer auf sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen, den höchsten Wert seit dem Zerfall der Sowjetunion. Das russische Budgetdefizit beträgt trotzdem nur knapp ein Prozent und die Finanzierung des Krieges ist, dank Umgehung der Sanktionen, weiterhin kein Problem. Das Schlimmste, was Putin also passieren könnte, wäre Frieden. Davon wird in seiner Rede aber ohnedies nicht die Rede sein.
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