Stiftungsratlos: Das Wahljahr wird hart für den ORF
Georg Leyrer
25.02.24, 18:00„Es gibt nichts mehr zum Lachen im ORF“, sagt der FPÖ-Stiftungsrat in spe Peter Westenthaler im KURIER. Ein Satz, den man in weniger aufgeregten Zeiten als TV-Kritik an „Willkommen Österreich“ und der Übertragung des „Villacher Faschings“ lesen könnte.
Aber nicht in einem Wahljahr.
Und vor allem nicht in diesem Wahljahr.
Dass die Blauen mit Westenthaler jemanden in die ORF-Aufsicht schicken, der für einen ruppigen Zugang zum Öffentlich-Rechtlichen bekannt ist und in den ersten Interviews auch gleich viel Kritik mitgebracht hat, ist ein deutliches Signal, das es eigentlich gar nicht mehr gebraucht hätte. Denn dass der ORF heuer ein dankbares Dauerthema im Wahlkampf sein wird, hat sich längst abgezeichnet.
Ungünstiger hätte, aus ORF-Sicht, das Timing mit der Haushaltsausgabe auch nicht sein können: Wer rasche Emotion bei den Wählern sucht, bekommt sie mit Kritik an dieser ausgeweiteten Gebühr auf Knopfdruck. Das werden die Parteien in den kommenden Monaten ausnützen.
Dazu wird lautstarker Protest gegen die Gehälter der ORF-Stars kommen, die demnächst wohl veröffentlicht werden, gegen Schlagseiten in der Berichterstattung, nicht genehme Social-Media-Posts und die Politisierung der hohen ORF-Posten.
Das Thema Politisierung am Küniglberg ist – wie die Bildungsreform oder der Föderalismus – nämlich eines jener Probleme, die in diesem Land lieber gepflegt denn gelöst werden. Denn es nützt allen Parteien, in einem – aus Wählersicht – leicht durchschaubaren Ringelspiel. Lautstark beklagt die jeweilige Opposition immer das, was sich die Regierungen in Sidelettern und auf Servietten zum ORF ausmachen, und ruft nach Entpolitisierung – und punktet so bei den Wählern. Kaum ist man aber selbst an der Macht, greift man gerne zu bei den Posten, die durch extra dafür beschlossene Änderungen im ORF-Gesetz frei werden. Und hört weg, wenn die nunmehrige Opposition protestiert.
Der ORF gibt sich angesichts der bevorstehenden harten Monate betont menschennah, man versucht, die Bevölkerung abzuholen, mitzunehmen, wo immer man kann. Das ist natürlich ein Signal an die Politik. Und ein Solidarisierungsversuch mit den Menschen, um die Stimmung zu eigenen Gunsten zu drehen, bevor – je nach nächster Koalition – im ORF wieder politisch umgerührt wird.
Auf eine wirkliche Entpolitisierung des ORF hat die aktuelle Regierung nämlich bisher leider vergessen. So wie zuvor die SPÖ, die erst in der Opposition vor ein Höchstgericht gezogen ist, um etwas durchzusetzen, das sie politisch längst hätte erledigen können.
Was der ORF künftig sein und leisten soll, sollte man ausführlich diskutieren, da gibt es viel zu überlegen. Am besten aber ohne Emotion – und nicht in einem Wahljahr.
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