Zuerst zum Sachlichen: Ist das Gesetz überhaupt eine gute Idee? Österreichs Biogas-Anteil liegt im Promillebereich. Das EGG soll Energieversorger verpflichten, bis 2030 mehr und mehr Biogas ins Netz einzuspeisen. Zielwert: zehn Prozent bis 2030. Dänemark, auch in diesem Bereich Vorzeigestaat, hat eine nachhaltige Biogas-Industrie aufgebaut. Der Bio-Anteil in ihrem Gasnetz betrug 2023 bereits 40 Prozent.
Gesetz mit offensichtlichen Schwächen
Dass Industriellenvereinigung (IV) oder SPÖ vor dem EGG warnen, das Gewessler erstmals im Jänner 2023 präsentierte, ist dennoch verständlich. Erstens: Dänemark hat einen viel geringeren Gasverbrauch, schon dieser Vergleich hinkt also. Biogas ist zudem nicht sonderlich effizient, der flächendeckende Ausbau nachhaltiger Anlagen teuer.
Mag sein, dass IV-Präsident Georg Knill übertreibt, wenn er vor „explodierenden Kosten für Verbraucher“ warnt. Dass den Energieversorgern bei einer „Biogas-Pflicht“ Mehrkosten drohen, die später beim Kunden landen, liegt aber nahe. Vor allem bei den Mehrkosten hat die SPÖ auf Lösungen gepocht. Die türkis-grünen Vorschläge überzeugten sie bisher nicht. Somit hat kaum jemand vor der Wahl mit dem EGG gerechnet.
Dann kam Andreas Babler. Im ORF-Duell mit Vizekanzler Werner Kogler betonte der SPÖ-Chef vergangene Woche zweimal: „Wir werden zustimmen.“ Bablers Aussage klang so, als würde die SPÖ nicht mehr auf ihren alten Forderungen beharren. Vielleicht ein Missgeschick, für den ÖVP-Wirtschaftsflügel jedenfalls eine Steilvorlage.
Ein Verdacht
In der ÖVP hatte sich beim EGG der Bauernbund gegen die Wirtschaft durchgesetzt – Landwirte wären große Profiteure. In den vergangenen Tagen machte die IV noch einmal massiv Stimmung gegen das Gesetz.
Wer hat also blockiert? Der Verdacht liegt nahe, dass es in ÖVP und SPÖ starke Kräfte gibt, die das Gesetz prinzipiell ablehnen. Insbesondere jene, die gewissen Energieversorgern nahestehen. In der Politik geht es angeblich manchmal um Partikularinteressen. Sollte es zu einer Dreier-Koalition kommen, seien dem Beiwagerl von Türkis-Rot starke Nerven gewünscht. Das zähe Verwirrspiel beim Biogas liefert einen Vorgeschmack.
Dass der SPÖ-Chef ohne Not seine Zustimmung zu einem Gesetz ankündigt, die er nicht einhalten kann, mag dem Wahlkampf-Stress geschuldet sein. Passieren darf es dennoch nicht – in Regierungsverantwortung dann schon gar nicht.
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