Viele Tausend Kilometer von Donald Trump entfernt, versteht vermutlich kaum jemand besser als Robert Fico, wie sich der attentatsüberlebende republikanische Präsidentschaftskandidat jetzt fühlt. Auch der slowakische Regierungschef wurde vor zwei Monaten niedergeschossen. Und so wie Fico, der im Vergleich zu Trump sehr viel schwerer verletzt wurde, signalisierten beide Politiker, sobald es möglich war, maximalen Widerstand.
„Fight, fight“ – „kämpft, kämpft“, rief Trump, als er wenige Augenblicke nach dem Schuss auf ihn blutend und mit gestreckter Faust von der Tribüne geführt wurde.
Dass die Gewalt gegen Politiker weltweit zunimmt, gehört mittlerweile fast schon zum politischen Alltag. Und dass sich diese Gewalt nun auch – wieder – gegen amerikanische Politiker richtet, überrascht umso weniger in einem Land, wo allein heuer im Juli bereits 340 durch Schusswaffen getötet und mehr als 750 verletzt wurden. Selbstmorde nicht miteingerechnet.
Verschwörungstheorien
Viel überraschender ist dagegen schon das Versagen des Secret Service. Wie kann ein hochtrainierter Sicherheitsdienst es unterlassen, naheliegende Gebäude vor Trumps Wahlkampfauftritt vollkommen abzuriegeln? Ist nicht einst schon John F. Kennedy von einem Hochhaus aus erschossen worden?
Kein Wunder, wenn schon jetzt die Verschwörungstheorien blühen und wenn die gesammelte Trump-Gefolgschaft damit beginnt, den Demokraten und US-Präsidenten Biden Verantwortung und Schuld für das Attentat in die Schuhe zu schieben.
Was bedeutet das Attentat für den Präsidentschaftswahlkampf? Ist Trump nun endgültig unbesiegbar, wie die MAGA-(„Make-America-Great-Again“) Fangemeinde sofort postulierte?
Aus ihrer Sicht hat ihr Held, den die Demokraten mundtot machen wollen, den die Justiz mit ungerechtfertigten Strafprozessen überzieht und verurteilt, jetzt endgültig Märtyrer-Status erreicht: Der ultimative Kämpfer, nichts und niemand kann ihn kleinkriegen.
Bei der heute beginnenden „Krönungsmesse“ für Trump, dem Parteitag der Republikaner, wird der Ex-Präsident triumphieren – und noch härtere Verbalschläge gegen Biden und Co. austeilen – denn für versöhnliche Worte und für Aufrufe zur Ruhe ist Trump nicht gerade bekannt.
Bidens größtes Problem
Präsident Joe Biden hingegen, der vorerst aus Pietätsgründen auf harte Attacken gegen das Attentatsopfer verzichten wird, bleibt indessen auf seinem größten Problem sitzen: Seinem Alter. Darüber wird in den nächsten Tagen kaum jemand berichten – doch seine sichtbare Unfähigkeit, das mächtigste Amt der Welt auch künftig noch vollends auszufüllen, wird das größte Hindernis dafür bleiben, Trumps Rückkehr an die Macht zu stoppen.
Bidens stures Beharren auf seine Präsidentschaftskandidatur wird die Demokraten viele Stimmen kosten. Möglicherweise mehr Stimmen, als Trump nun nach dem Attentat von Solidaritätswählern dazugewinnen dürfte.
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