Compact bis Elon Musk: Die bedrohte Meinungsfreiheit

German Interior Minister Nancy Faeser holds a press conference, in Berlin
Der Korridor des öffentlichen Diskurses wird zunehmend verengt. Damit wird gefährdet, was man vorgeblich schützen will.
Rudolf Mitlöhner

Rudolf Mitlöhner

Dass der radikale Islam eine der größten Bedrohungen für die freie Welt ist, steht außer Zweifel. Hier gibt es mittlerweile auch eine erhöhte Sensibilität in Teilen der Linken, wohingegen bis vor Kurzem jedwede einschlägige Kritik unter Islamophobie-Verdacht und damit implizit ins rechte Eck gestellt wurde. Auch wenn der Reflex vielfach noch immer funktioniert, so hat hier unter dem Eindruck unübersehbarer Entwicklungen doch ein Bewusstseinswandel eingesetzt.

Möglicherweise aber wird demgegenüber eine andere Bedrohung übersehen oder zu gering veranschlagt. Dies umso eher, als sie im Zeichen von Toleranz, Gleichheit und Liberalität einhergeht. Es geht um eine zunehmende Einengung des Korridors des öffentlichen Diskurses.

So hat jüngst das Verbot des rechtsextremen Magazins Compact in Deutschland durch Innenministerin Nancy Faeser für großes Aufsehen gesorgt. Nun hat das Bundesverwaltungsgericht das Verbot vorläufig aufgehoben. Ob die Voraussetzungen eines Verbots erfüllt seien, Compact also gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sei, könne im Eilverfahren „nicht abschließend“ beurteilt werden, so die Richter. Es gehe um die Frage, ob „das Verbot unter Verhältnismäßigkeitspunkten gerechtfertigt ist“.

Man muss keinerlei Sympathien für die in Compact vertretenen Inhalte und Positionen haben, um die einstweilige Aufhebung des Verbots zu begrüßen. Denn der Schritt Faesers fügt sich in ein Gesamtbild, in dem politmediale Eliten sich zunehmend anmaßen, die Grenzen des Sagbaren zu definieren und dabei sukzessive enger zu ziehen. Tatsächlich aber ist es sehr oft eine Frage der politischen oder weltanschaulichen Einstellung, was als „Fake News“, was als „Hassrede“ und was als legitime „Kritik“ oder berechtigter, konstruktiver „Dissens“ zu gelten hat.

Ähnliches gilt auch für die Debatte um das Interview von X-Chef Elon Musk mit dem von ihm unterstützten Präsidentschaftskandidaten Donald Trump bzw. den Konflikt zwischen Musk und EU-Kommissar Thierry Breton. Auch hier geht es nicht darum, ob man Musks und/oder Trumps Ansichten teilt, sondern darum, dass es nicht Aufgabe der EU oder einzelner ihrer Spitzenvertreter ist, sich als Moralinstanz zu gerieren und, wie Breton an Musk schrieb, „die EU-Bürger vor ernsthaften Schäden zu bewahren“. Wer definiert denn, was solche „ernsthaften Schäden“ sein sollen bzw. was qualifiziert jene, die solche Definitionsmacht für sich in Anspruch nehmen? Meinungsfreiheit besteht eben nicht darin, dass sich die Protagonisten des Diskurses in ihren Blasen schulterklopfend wechselseitig versichern, auf der „richtigen Seite“ zu stehen und für das „Gute und Wahre“ zu kämpfen. So wird bedroht, was vorgeblich geschützt werden soll.

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