Eskalation im Nahen Osten: Die Welt muss jetzt handeln!

Goodwill march in solidarity with Israel in Prague
Irans Angriff auf Israel kann den gesamten Nahen Osten ins Chaos stürzen. Aber das Schlimmste lässt sich noch verhindern.
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

Israels Premier Benjamin Netanjahu ist nicht gerade bekannt dafür, nach dem Matthäus-Evangelium zu handeln, wo es heißt: „Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin.“ 

Und doch wäre es jetzt genau das, was Netanjahu tun müsste, um Schlimmeres zu verhindern. Um nicht eine Spirale der gegenseitigen Vernichtung in Gang zu bringen, die den gesamten Nahen Osten in einen fatalen Krieg hineinziehen könnte.

Der israelische Premier könnte poltern und den Iran als das bezeichnen, was er ist: ein skrupelloser Schurkenstaat, der seine eigene Bevölkerung misshandelt; der über seine Vasallen, die Houthis im Jemen und die Hisbollah im Libanon, Tod und Verderben bringt; der weltweiten Terror finanziert; der weiter an der Atombombe bastelt – und der nun erstmals in der 40-jährigen Erzfeindschaft zwischen Israel und dem Iran den jüdischen Staat direkt mit Drohnen und Raketen angegriffen hat.

Israels Premier könnte sich also die Solidarität der westlichen Welt sichern und Richtung Teheran drohen, was verständlich wäre. Unendlich viel besser aber wäre es, wenn Netanjahu an das größere Ganze denken würde – nämlich die Vermeidung eines Nahost-Kriegs – und Vergeltung für den iranischen Vergeltungsschlag bleiben ließe.

Mit Großmut hat das ohnehin nichts zu tun. Schließlich war es Israel, das mit seinem Angriff Anfang April auf ein iranisches Botschaftsgebäude in Damaskus diese jüngste Eskalation losgetreten hat. Dass der Mullah-Staat auf diese Provokation antworten würde, hat die israelische Regierung zuvor einkalkuliert und sich entsprechend vorbereitet. Mit Erfolg: 99 Prozent der Geschoße wurden abgewehrt.

Was in der Nacht auf Samstag passierte, ist dennoch ein unerhörter Tabubruch. Der erste direkte Angriff des Iran auf den jüdischen Staat. Und mag Teheran nun auch versichern, mit dem Drohnen- und Raketenangriff sei man nun quasi quitt, so vergisst man in Israel nie: Im Mullah-Staat ist die Vernichtung Israels Staatsdoktrin, sie ist in der Verfassung des Iran festgeschrieben. „Erledigt“ ist in der Todfeindschaft zwischen dem Iran und Israel also nichts. Wer die Spielregeln des Nahen Ostens kennt, weiß, dass nach einer Attacke die nächste, noch härtere Gegenattacke meist nur eine Frage kurzer Zeit ist.

Umso mehr liegt es nun an den Verbündeten Israels, vor allem den USA, Netanjahu und alle jene zurückzuhalten, die schon jetzt wieder eine „signifikante Reaktion“ auf den iranischen Angriff ankündigen. Schlafwandelnd in den nächsten großen Krieg? Jetzt, genau jetzt ist die Zeit, Israel, aber ebenso den Iran massiv unter Druck zu setzen. USA, China, die EU, die G20, die G7, die BRICS-Staaten, die UNO – alle müssen daran interessiert sein, den nächsten Wahnsinn zu verhindern. Jetzt. Sofort.

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