Früher, da war alles besser.
Gut, das ist ein wenig vereinfacht. Aber vom Tenor her stimmt es: Bei vielen Debatten über Grundfähigkeiten von Kindern – wie eben jetzt bei der Tatsache, dass jeder vierte Schulabgänger nicht sinnerfassend lesen kann) – wird ganz schnell verdrängt, dass es nicht die Kinder sind, die sich Büchern verweigern, Rechnen doof finden oder einfach nichts mehr lernen wollen.
Jedes Kind will lernen. Nur muss man es ihm beibringen, wie Lernen geht – und das können nur Erwachsene.
Die ändern allerdings schon seit Langem nichts daran, dass viele Kinder so große Bildungslücken haben. Das zeigen Zahlen eindrücklich: Die Rate jener, die nicht sinnerfassend lesen können, ist seit Jahren ähnlich hoch – schon im Jahr 2000 hatten laut PISA-Studie 20 Prozent der Schüler massive Probleme beim Lesen, da war das Smartphone noch Wunschdenken. 2009 waren es sogar mehr als jetzt.
Natürlich, Handys dürfen für Kinder kein Bücherersatz sein, das ist klar. Aber Bildschirmkonsum ist kein alleiniges Problem der Jungen, Erwachsene sind darin mindestens genauso gefangen. Nur mit dem erhobenen Zeigefinger auf Eltern zu zeigen, die ihren Kleinen das Smartphone schon im Kinderwagen in die Hand drücken, bringt deshalb nichts: Bildungslücken kann nicht die Zivilgesellschaft im Alleingang schließen, sondern nur der Staat. Lesen und Schreiben lernen die Kinder nämlich nicht (nur) von den Eltern, sondern vor allem in Bildungseinrichtungen.
Damit sind wir beim nächsten Problem: Bildung heißt bei uns nach wie vor viel zu oft Betreuung. Wer glaubt, dass eine Pädagogin 15 Kinder individuell fördern, gar einzelne Schwächen ausgleichen kann, war noch nie in einem Kindergarten. Der Betreuungsschlüssel müsste endlich angehoben werden, ebenso wie die Gehälter: Kindergärtnerinnen – 92 Prozent sind weiblich – liegen mit durchschnittlich netto knapp 1.500 Euro gerade über der Armutsgrenze.
Warum Österreich Bildung nicht mehr wert ist? Weil noch immer die Meinung gilt, Kinder in Krippe und Kindergarten zu geben, sei etwas Schlechtes. Dabei ist das sozialer wie ökonomischer Unsinn: Jeder in die Elementarpädagogik investierte Euro kommt achtfach zurück, belegen Studien – früh gebildete Kinder haben so bessere und höhere Bildungsabschlüsse, und sie steigen früher ins Berufsleben ein.
Andere Länder haben das schon vor Jahrzehnten erkannt – und liegen in den Statistiken meist vor uns. Österreich sollte da gerne einmal einen Blick in den Spiegel und über den eigenen Tellerrand wagen.
Kommentare