„Das war keine saubere Landung, das gibt Abzüge“, sagt der TV-Kommentator. Stolz ist er auf sein Fachwissen und hart ist sein vorweggenommenes Urteil im härtesten aller Gesetze, das sich unverdächtig im olympischen Spiel versteckt, es reicht halt nicht für eine Medaille, möglicherweise nicht einmal für eine weitere Erwähnung.
Durchgefallen, die Qualitätsprüfung ist leider nicht bestanden.
Selbst Simone Biles, die erfolgreichste Turnerin der Welt, hatte Angst vor dem Versagen und verließ den Gefahrenbereich unter der über ihr baumelnden Last der stets erbarmungslosen Erwartungshaltung. Abverlangt wurde ihr die wahrscheinlich größte Überwindung in ihrer Karriere.
Spätestens jetzt weicht die Bewunderung des Betrachters zuerst dem Mitleid und danach der oftmals von Beweisen untermauerten Vermutung, Sportlerinnen und auch Sportler seien psychisch wie physisch schmerzhaft geformte Erzeugnisse, die alle vier Jahre als massentaugliches Unterhaltungsprodukt ins Publikum geworfen werden.
Dieses Produkt muss stimmen. Und es muss seinen Zweck erfüllen.
Im ehemaligen Ostblock setzten Spritzen dem Wachstum der Athletinnen ein vorübergehendes Ende, das so manipulierte, für die sportliche Disziplin kompatible menschliche Material sammelte Gold und Ehre für die Nation.
Und jetzt? Geschichten über sexuelle Übergriffe auf US-Turnerinnen sorgten zwar für Aufregung, haben aber keinen endgültigen Einfluss auf die olympische Sauberkeit.
Unmenschliche Leistungen werden mittlerweile von der Leistungsgesellschaft als selbstverständlich erachtet. Auch der Sport hat sich teilweise in ein neues, in das digitale Zeitalter geturnt. Wie von Joysticks gesteuert, streben die Figuren nach der absolut perfekten Darbietung. Körperliche und seelische Qualen? Die sind auf Bildschirmen ganz leicht wegzuklicken.
Es wäre höchst an der Zeit, dass die olympischen Macher neue Regeln setzen. Doch noch genügt ihnen ein Gütesiegel, jenes mit den fünf Ringen.
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