"Letztes Gefecht" der Sozialdemokratie

Die Roten müssen sich in ganz Europa neu erfinden und drohen daran zu zerschellen.
Walter Friedl

Walter Friedl

Die Roten müssen sich in ganz Europa neu erfinden und drohen daran zu zerschellen.

von Mag. Walter Friedl

über Europas Rote

Die Sozialdemokratie in Europa steht vor bitteren Jahren. Es könnte leicht sein, dass sie sich von der Krise nie mehr erholen wird. Nur drei Schlaglichter: In Deutschland fuhr die SPD mit nur gut 20 Prozent eine historische Wahlschlappe ein, in Tschechien wurden die dortigen Genossen zertrümmert und landeten unter anderem hinter den Piraten und Rechtsextremen auf Platz fünf. In Österreich rettete die SPÖ gerade noch Rang zwei, muss sich jetzt aber auf der Oppositionsbank neu erfinden. Bloß wie? Soll es mehr niessln (pragmatisch, im Zentrum) oder häupln (ideologisch, links)? Genau an dieser Frage drohen die Roten Europas zu zerschellen.

Vieles haben die Erben Kreiskys, Brandts und Palmes umgesetzt, mit der Schaffung eines – bei aller Kritik – doch funktionierenden Sozialstaates eigentlich ihre Ziele erreicht. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, er darf gehen. So sieht es zumindest der Ur-Kern der Sozialdemokratie – die Arbeiter, die sich bei den Straches, Le Pens oder Wilders eingehakt haben. Und jetzt? Die einen suchen ihr Heil bei der US-Demokraten-Leitfigur Bernie Sanders oder dem britischen Labour-Chef Jeremy Corbyn. Beide punkten mit einer geradezu utopistisch anmutenden Links-Ideologie, mit der realpolitisch kein Staat zu machen ist. Andere sehen im französischen Modell des sozial-liberalen Pragmatikers Emmanuel Macron die Zukunft. Ein gefährlicher Trugschluss, denn der Durchmarsch des Shootingstars bei den Wahlen verdankt er primär seiner Person. Nicht umsonst hat er seine "Bewegung" auch gegen seine früheren Parteigenossen etabliert.

"Auf zum letzten Gefecht", heißt es in der "Internationalen". Es könnte tatsächlich das letzte für die Sozialdemokratie sein – und verloren gehen. Zumal die rechten Regierungen mit kräftigem Rückenwind der Wirtschaft in den kommenden Jahren einiges verteilen können.

Kommentare