Bleibt aufmüpfig

Die Achtundsechziger haben Emanzipation und Studenten-Mitsprache erkämpft. Verjuxen wir beides?
Martina Salomon

Martina Salomon

Die Achtundsechziger haben Emanzipation und Studenten-Mitsprache erkämpft. Verjuxen wir beides?

von Dr. Martina Salomon

über die 68er-Generation

Wer in den Sechzigerjahren geboren wurde, lebt zwischen zwei seltsam gegensätzlichen Generationen: Unsere Mütter (ok, nicht alle) haben ihre BHs verbrannt, um sich in jeder Hinsicht zu befreien, wenn es auch ganz vielen von ihnen noch nicht gelungen ist. Unseren Kindern wiederum stünde jetzt theoretisch alles offen, dennoch träumen Mädchen manchmal ein bisschen vom Prinzessinnen-Dasein, samt Schloss-Hochzeit. Und während die Feministinnen von heute noch immer zu sehr in der Opferrolle verharren, übersehen sie jene, die tatsächlich Opfer von Unterdrückung sind. Daher diskutieren wir auch aufgeregter über Bosse, die über sexistische Handlungen straucheln, als über den Ehrenmord an einem jungen Mädchen mitten in Wien.

Die Achtundsechziger-Generation – längst in Pension, wenn man von einigen Rockstars absieht – hat den Mief der Nachkriegszeit verblasen, aber auf dem späteren Karriereweg auch viel Mist gebaut. Dennoch sollten wir ihre Errungenschaften nicht leichtfertig verspielen. Zum Beispiel die Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung – siehe Studentenrevolution. Erzeugt ein mittlerweile völlig verschulter Universitätsbetrieb nicht plötzlich wieder stromlinienförmige Absolventen, die es während der Jagd nach "ECTS-Punkten" verabsäumen, ihren Geist in (manchmal durchaus sinnlosen) intellektuellen Auseinandersetzungen zu schärfen?

In der aktuellen Musik der letzten Jahre tönt ein leiser Widerhall des großartigen Achtundsechziger-Rock. Wenn man die Platten (!) von damals auflegt, spürt man etwas von der Kraft jener romantisch-verklärten Tage. Für uns gilt der auch schon wieder ein paar Jahre alte Spruch: Wann genau ist aus "Sex, Drugs & Rock’n’Roll" eigentlich "Laktoseintoleranz, Veganismus & Helene Fischer" geworden? Bleibt aufmüpfig, auch wenn das manchmal unbequemer ist, als mit dem Strom mitzuschwimmen.

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