Warum die ÖVP fest auf Faymann setzt

Daniela Kittner
Gestern beim Ministerrat trafen erstmals SPÖ und ÖVP zusammen, nachdem der Kanzler von seiner eigenen Partei abgestraft worden war.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Gestern beim Ministerrat trafen erstmals SPÖ und ÖVP zusammen, nachdem der Kanzler von seiner eigenen Partei abgestraft worden war. Werner Faymann wirkte gedämpft, angesprochen wurde das peinliche Ereignis jedoch nicht. Faymann war mit nur 83 Prozent, dem schlechtesten Wert in der jüngeren Parteigeschichte, als SPÖ-Chef wiedergewählt worden. Seither ergeht sich die SPÖ-Führung in öffentlichen Ratespielen über die Beweggründe für das Aufbegehren ihrer Parteibasis.

Die ÖVP-Regierungsmannschaft nimmt die öffentliche Nabelschau beim Koalitionspartner kommentarlos zur Kenntnis. Insgeheim freut sich die ÖVP, dass ausnahmsweise einmal nicht sie selbst im parteiinternen Schlamassel sitzt. Aber von Schadenfreude war gestern am Rande des Ministerrats nichts zu bemerken – denn, wie gesagt, es könnte einen ja auch selbst wieder einmal treffen.

In der ÖVP geht man davon aus, dass sich Faymann in seiner Partei wieder festigen wird. Leise Sorge schwingt aber dennoch bei dem einen oder anderen Gesprächspartner mit: Ob die SPÖ die gleiche Nummer wie 2008 noch einmal abziehen könne? Damals hatte die SPÖ kurz vor der Nationalratswahl den Spitzenkandidaten ausgetauscht und war anstatt mit dem politisch angeschlagenen Alfred Gusenbauer mit dem frischen Werner Faymann angetreten. Die ÖVP sah mit Wilhelm Molterer vergleichsweise alt aus. Ein Chefwechsel bei den Sozialdemokraten, so die Sorge, könnte auch in der ÖVP Unruhe auslösen und eine Debatte über eine Regierungsumbildung befeuern. Wegen dieser Ansteckungsgefahr ist der ÖVP daran gelegen, die SPÖ-Zores nicht in die Regierung hinein zu tragen.

Zwar platzierte Finanzministerin Maria Fekter in ihrer Budgetrede eine gezielte Provokation ("die Abschaffung der Wehrpflicht würde immense Kosten verursachen"), hinter den daniela.kittner@kurier.at

Kulissen bereiten SPÖ und ÖVP aber eifrig ihre Regierungsklausur vor. Sie soll am 9. November stattfinden. Derzeit sind drei Themenblöcke vorgesehen: Wirtschaft und Arbeit; Wissenschaft; Gesundheit.

Vorgenommen hat sich die Regierung eine "Entfesselung der Realwirtschaft" und "Fesseln für den Finanzsektor": In Vorbereitung ist eine Reform der Gewerbeordnung sowie eine Erleichterung von Betriebsgründungen. Die Grundeinlage für eine GesmbH soll von 17.000 € auf 10.000 € sinken. Die Banken hingegen sollen ein strenges Insolvenzrecht verpasst bekommen. Arbeitsminister Rudolf Hundstorfer will unter anderem Berufsschul-Abbrechern das Nachholen eines Abschlusses erleichtern.

Intensive Verhandlungen finden zwischen SPÖ und ÖVP über eine Studienplatzfinanzierung statt.

Am meisten spießt es sich wieder einmal mit den Bundesländern. Zwar hat man sich in den Grundzügen auf eine Gesundheitsreform geeinigt, doch nun wollen die Länder vom Bund ein Körberlgeld in Höhe von 250 Millionen €. Die Gesundheitsreform ist der größte Brocken, den die Bundesländer zur Budgetsanierung beitragen.

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