Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

Erwin Pröll, Michael Spindelegger: Niederösterreichs Landeshauptmann ist die wichtigste Stütze des ÖVP-Bundeschefs.
Was für Faymann und Spindelegger auf dem Spiel steht.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Wie oft kommt es schon vor, dass ein Bundesland politisch die Farbe wechselt?

von Dr. Daniela Kittner

über das Superwahljahr

Eineinhalb Millionen Österreicher, ein Viertel der Gesamt-Wahlberechtigten, ist heute zu den Urnen gerufen. Es ist der erste Akt des heurigen Superwahljahres, und er verspricht Dramatik.

Wie oft kommt es schon vor, dass ein Bundesland politisch die Farbe wechselt?

Genau dieser immer noch seltene Fall könnte heute in Kärnten eintreten: Nach einer beispiellosen Skandalwelle droht der freiheitlichen Landesregierung die Abwahl.

In Niederösterreich, im schwarzen Kernland, kämpft Langzeit-Landeshauptmann Erwin Pröll um den Erhalt seiner absoluten Mehrheit.

Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt
APA11684912-2 - 28022013 - KLAGENFURT - ÖSTERREICH: ZU APA-TEXT II - Gerhard Köfer (li), der Spitzenkandidat für die Kärntner Landtagswahlen für das Team Stronach, und Frank Stronach am Donnerstag, 28. Februar 2013 bei der Wahlkampf-Abschlussveranstaltung in Pörtschach. In Kärnten finden am kommenden Sonntag, 3. März 2013 Landtagswahlen statt. APA-FOTO: GERT EGGENBERGER

Ebenfalls Seltenheitswert: An diesem Sonntag tritt mit dem Team Stronach eine neue Partei an, die keine Splittergruppe ist, sondern in Landesparlamente und Nationalrat einziehen wird.

Die beiden Landtagswahlen sind jedenfalls über die jeweiligen Landesgrenzen hinaus von Bedeutung.

Kanzler Werner Faymann muss hoffen, dass SPÖ-Spitzenkandidat Peter Kaiser Kärnten erobert. Nach dem Bauchfleck der SPÖ bei der Wehrpflichtbefragung braucht Faymann dringend eine Erfolgsmeldung. In Niederösterreich und Tirol (es wählt am 28. April) hat die SPÖ wenig Zulauf zu erwarten. Im Spekulantenland Salzburg (es wählt am 5. Mai) kann die SPÖ sowieso nur Schadensminimierung betreiben.

Geht der SPÖ Kärnten trotz der blauen Skandalwelle durch die Lappen, muss Faymann mit innerparteilichen Schwierigkeiten rechnen. Die SPÖ ist sowieso unzufrieden mit ihrem Bundesparteichef. Der Bogen der Kritik spannt sich von der unfähigen Bundesparteizentrale bis zum Vorwurf, Faymann interessiere sich fast nur mehr für Europapolitik.

Bilder: Stimmabgabe zwischen Radlbrunn und Friesach

Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN NIEDERÖSTERREICH: STIMMABGABE LH E
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN NIEDERÖSTERREICH: STIMMABGABE LH E
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN NIEDERÖSTERREICH: STIMMABGABE LH E
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN NIEDERÖSTERREICH: STIMMABGABE LEIT
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN NIEDERÖSTERREICH: STIMMABGABE ROSE
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN NIEDERÖSTERREICH: STIMMABGABE ROSE
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN KÄRNTEN: DÖRFLER (FPK)
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN KÄRNTEN: DÖRFLER (FPK)
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN KÄRNTEN: STIMMABGABE KAISER (SPÖ)
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN KÄRNTEN: STIMMABGABE HOLUB (GRÜNE)
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN KÄRNTEN: STIMMABGABE KÖFER (TEAM S
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN KÄRNTEN: STIMMABGABE BUCHER (BZÖ)
Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

LANDTAGSWAHL IN KÄRNTEN: OBERNOSTERER (ÖVP)

Mit einem Sieg Peter Kaisers schaut die Welt für die SPÖ jedoch gleich anders aus. Ein Triumph in Kärnten würde etwaige Verluste in Niederösterreich und in der Folge auch in Tirol überstrahlen. Sollte es dann Gabi Burgstaller noch gelingen, ihren Sessel in Salzburg zu halten, würde die SPÖ erstmals in der Geschichte fünf von neun Landeshauptleuten stellen.

Wenn Erwin Pröll heute die absolute Mehrheit verliert, wären die Schockwellen sicher bis Wien zu spüren. Pröll ist die mit Abstand wichtigste Stütze von ÖVP-Chef Michael Spindelegger. Mit Pröll würde auch Spindelegger geschwächt.

Allerdings ist laut Meinungsforschern zu erwarten, dass Pröll die absolute Mehrheit zumindest in Mandaten, wenn nicht sogar in Stimmen halten kann. Angesichts der Umstände wäre dies ein außerordentlich gutes Wahlergebnis.

Denn Pröll hatte diesmal Pech. Mitten in seinen Wahlkampf platzte die Salzburger Spekulationsaffäre und lenkte das Scheinwerferlicht auch auf die missglückte Veranlagung der niederösterreichischen Wohnbaugelder. Zum Überfluss scheiterte im Nationalrat auch noch das gesetzliche Spekulationsverbot vier Tage vor der niederösterreichischen Landtagswahl - zum Nutzen der Opposition. „Ich war erstaunt über das taktische Unvermögen der Bundesregierung. Ich dachte, sie würde irgendein Ablenkungs-Thema aus dem Hut zaubern. Stattdessen konnten wir ungestört bis zum letzten Wahlkampftag gegen Spekulationen wettern“, freut sich der grüne Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner.

Grünen-Chefin Eva Glawischnig wird diesen Wahlsonntag genießen. In Niederösterreich können die Grünen auf Zugewinne hoffen, in Kärnten sogar auf eine Sensation: In dem nicht besonders grünen Bundesland – bei der letzten Wahl errang die Öko-Partei nur fünf Prozent – könnten sie erstmals in die Regierung einziehen.

Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

Nein, die Kärntner sind nicht ergrünt, sondern sie schätzen die KnochenarbeitRolf Holubs beim Aufdecken der Korruptionsfälle. Die Justiz hatte die AffäreBirnbacherschon zu den Akten gelegt, nur durch Holubs Hartnäckigkeit wurde der Fall neu aufgerollt.

Als Glawischnig Holub im Kärntner Wahlkampf begleitete, erlebte sie unglaubliche Szenen. Ein Mann bremste mitten auf der Straße sein Auto ab, stieg aus, rannte an den Straßenrand zu Holub, umarmte ihn, stieg wieder ein und fuhr weiter. Eine ältere Frau kam bei einem Zeltfest auf Holub zu, tätschelte seine Hand und sagte: „Sie sind unser neuer Jörg.“

Die ältere Dame mag etwas durcheinandergebracht haben – denn Jörg Haiders wirkliche politische Erben dürften heute wenig zu lachen haben. In Niederösterreich dürfte sich die FPÖ halten, aber in Kärnten droht ihr eine kräftige Dezimierung. Bundesobmann HC Strache hat sich mit der Eingliederung der Scheuch-Dobernig-Dörfler-Truppe in die FPÖ einen Bärendienst erwiesen.

Straches größeres Problem trägt aber einen anderen Namen: Frank Stronach. Die Partei des Milliardärs nimmt der FPÖ potenzielle Zuwächse weg. Vor der Gründung der Stronach-Partei hatte die FPÖ die ÖVP in den Umfragen überholt, lag auf dem sicheren zweiten Platz und war dabei, zur erstplatzierten SPÖ aufzuschließen. Seit Stronach ist die FPÖ wieder nur drittstärkste Kraft, die Protestwähler laufen zum Team Stronach.

In welchem Ausmaß sie das tun, wird erstmals am heutigen Sonntag festzustellen sein. Bisher gibt es über den Zulauf zu Stronach nur Umfragen, heute erstmals einen echten Markttest.Eine weitere schlechte Nachricht für Strache könnte heute von Kärnten ausgehen: BZÖ-Chef Josef Bucher wird mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Achtungserfolg erringen – womit die Spaltung des dritten Lagers in Blau und Orange prolongiert wird.

Was passiert in den beiden Wahlländern nach diesem Sonntag?

Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt

Pröll bleibt in Niederösterreich Landeshauptmann. Im unwahrscheinlichen Fall, dass er das 29. Mandat verliert, dürfte er wechselnde Mehrheiten für die Beschlüsse im Landtag suchen.

In Kärnten gibt es einen rot-schwarz-grünen Reformpakt zur Abschaffung des Proporzes, zur Stärkung der Kontrollrechte des Landtages und zu einer grundsätzlich soliden Budgetpolitik. Getragen ist das Reform-Bündnis von Peter Kaiser, Gabriel Obernosterer und Wolfgang Waldner (beide ÖVP) sowie Rolf Holub. Sollten die Rechtspopulisten die Oberhand behalten, bricht dieses Reformprojekt zusammen, dann weiß keiner, wie Kärnten regiert wird.

Sollte die SPÖ die FPK in Kärnten aus dem Rennen werfen, wäre das ein Zeichen, dass man auch mit einem sparsamen Wahlkampf gewinnen kann. Die SPÖ verzichtete auf Plakate, die FPK pflasterte das Land zu.

Superwahljahr: Dramatischer 1. Akt
Werner Faymann, Peter Kaiser: Der Kärntner SPÖ-Chef kann den Kanzler heute vor innerparteilichen Problemen bewahren.

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