Kleine Verschiebung, große Wirkung

Daniela Kittner
Daniela Kittner über Frank Stronachs Polit-Engagement und wem eine neue Partei Konkurrenz machen könnte.
Daniela Kittner

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Der erfolgreiche Unternehmensgründer und Milliardär Frank Stronach will in der Politik mitmischen. Er will bei der nächsten Nationalratswahl eine neue Partei unterstützen, aber nicht selbst antreten. Als Spitzenkandidaten sind der frühere steirische Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl oder BZÖ-Chef Josef Bucher im Gespräch.

Was kann so eine "Stronach"-Partei bewirken?

Eine "Revolution für Österreich", wie Stronach sagt, wohl eher nicht. Sein Konzept eines Rückbaus des Staats kombiniert mit einer steuerschonenden Flat Tax für höhere Einkommensbezieher erscheint für einen Massenzulauf untauglich. In allen Umfragen quer über die Jahrzehnte zeigt sich, dass die Österreicher auf den Staat setzen: Freier Zugang zum öffentlichen Gesundheits- und Bildungssystem und die öffentliche Sicherheit rangieren stets ganz oben auf der Wunschliste. In der Gruppe der Wirtschaftstreibenden und Freiberufler wird Stronach mit seiner Kritik an Überbürokratisierung und zu hohen Steuern jedoch auf Zustimmung stoßen. Erhöht wird sein Wählerpotenzial durch das steigende Bedürfnis, "eine andere Partei" als die etablierten zu wählen. Meinungsforscher glauben, dass Stronach der Einzug in den Nationalrat gelingen würde – unter der Voraussetzung, dass er sich selbst im Hintergrund hält. Wenn er aber sein politisches Personal zu Milliardärs-Marionetten degradiert, "kann das Projekt auch sofort abstürzen", sagt ein Meinungsforscher.

Unter der Annahme, dass Stronach die Parteigründung gelingt, müssen sich FPÖ und ÖVP mit der neuen Konkurrenz herumschlagen. Die FPÖ würde ihr Protestmonopol verlieren. Das Match mit der SPÖ um Platz 1 könnte sie vergessen. Schon jetzt, ohne Stronach, liegt die FPÖ in Umfragen bei 25 Prozent, die SPÖ bei 29 Prozent.

Das BZÖ hätte kaum mehr eine Chance auf den Wiedereinzug in den Nationalrat, denn wie Josef Bucher selbst sagt, ist Stronachs Programm mit dem des BZÖ "in vielen Punkten deckungsgleich". Nur, dass Stronach sein Programm mit viel mehr Geld bewerben kann.

Die ÖVP läuft Gefahr, an ihrem Wirtschaftsrand in Richtung Stronach auszufransen, insbesondere, wenn ihr Ex-Politiker Paierl in den Ring steigt. Paierl war 2008 Josef Pröll s Wunschkandidat für den Wirtschaftsminister, wurde jedoch im letzten Moment von den Oberösterreichern zugunsten von Reinhold Mitterlehner verhindert.

Unterm Strich halten Experten einen Einzug Stronachs ins Parlament mit vier bis neun Prozent für realistisch.

Eine weitere Kleinpartei. Na und?

So einfach ist es nicht. Man muss sich die Ausgangslage in Erinnerung rufen: SPÖ und ÖVP haben gemeinsam in den Umfragen nur mehr knapp mehr als 50 Prozent. Ihre Regierungsmehrheit im Nationalrat wackelt. Da kann eine kleine Verschiebung von zwei Prozentpunkten Großes bedeuten: Dass SPÖ und ÖVP erstmals keine Regierung mehr bilden können; dass erstmals eine Dreierkoalition nötig wird. Auch Schwarz-Blau würde höchstwahrscheinlich keine Mehrheit erreichen. FPÖ und ÖVP haben schon jetzt, ohne Stronach, nur 48 Prozent in den Umfragen (25 Blau, 23 Schwarz).

Insofern haben Kleinparteien bei der nächsten Wahl eine Bedeutung, die sie nie zuvor hatten. Kommen zwei Kleinparteien (Stronach und Piraten) ins Parlament, ist die rot-schwarze Mehrheit vermutlich Geschichte. Es kann aber auch den umgekehrten Effekt geben: Scheitern alle Kleinparteien knapp an der Vier-Prozent-Hürde, könnten SPÖ und ÖVP trotz Stimmenverlusten am Ende mehr Abgeordnete im Nationalrat haben als heute. Denn bei der Endabrechnung werden die 183 Sitze nur auf jene Parteien verteilt, die ins Hohe Haus einziehen.

Der Regierung ist bewusst, dass es um alles geht. Sie hat die Rapid-Viertelstunde entdeckt. In den letzten Wochen hat die Koalition ein Sparpaket, ein Sauberkeitspaket, einen Budget-Pakt mit den Ländern und einen Durchbruch bei der Spitalsreform erzielt. Am kommenden Mittwoch sollen bei einem Bund/Länder-Gipfel weitere Beschlüsse folgen, die seit Jahren verabsäumt wurden. Die Wahl ist erst im September 2013 –, aber der Wettlauf um die Macht hat begonnen.

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