Basarmethoden & Vetodrohungen

EU-Budget. 27 Länder raufen um Milliarden. Österreich will Geld für ländlichen Raum und Tunnel.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Basargeschäfte sind wir von Verhandlungen zwischen Bund und Bundesländern gewöhnt.

von Dr. Daniela Kittner

über den Streit ums EU-Budget

Nicht nur die heimische Politik ist manchmal durchsichtig bis zum Abwinken. Andere können das auch. Die zypriotische EU-Präsidentschaft zum Beispiel hat einen „Sparvorschlag“ fürs EU-Budget vorgelegt, in dem sie die Ausgaben für Verkehr um ganze 27 Prozent kürzt. Ob die Insulaner die transeuropäischen Eisenbahnnetze auch dann derart stiefmütterlich behandeln würden, wenn Züge übers Meer fahren könnten? Österreich jedenfalls wehrt sich in seiner geografischen Lage gegen solche Ansinnen. Österreich will seine teuren Tunnelprojekte über den Brenner und auf der Südbahn mitfinanziert wissen.

Basargeschäfte sind wir von Verhandlungen zwischen Bund und Bundesländern gewöhnt. Eine Etage höher, zwischen den EU-Staaten und den EU-Zentralstellen, läuft es im Prinzip nicht anders, nur komplexer: Da gibt es einen Haushaltsvorschlag A von der Kommission und einen Haushaltsvorschlag B von der zypriotischen Präsidentschaft. Dem Land X gefällt im Vorschlag A der Punkt 3 und im Vorschlag B der Punkt 4. Dem Land Y umgekehrt – und das Ganze hoch 27.

Für Österreich steht Staatssekretär Reinhold Lopatka mitten im Getümmel um den EU-Haushalt 2014 bis 2020. Lopatka führt die Vorverhandlungen, der Abschluss obliegt Kanzler Werner Faymann beim Sondergipfel am 22./23. November. Die Verhandlungsroute der Regierung sieht so aus: Österreich sperrt sich gegen Kürzungen bei der ländlichen Entwicklung und, legt, wie gesagt, Wert auf Verkehrsinfrastruktur, wissend, dass das Tunnelgraben mehr Maschinen als Arbeitskräfte beschäftigt. Aber: „Transversale Netze, ob bei der Bahn oder für Energie, stärken den Binnenmarkt und haben indirekte Effekte auf die Wirtschaft“, sagt Lopatka.

Das EU-Budget soll, zusammengerechnet für die nächsten sieben Jahre, etwa eine Billion Euro betragen. Zypern hat Einsparungen von 50 Milliarden in sieben Jahre vorgeschlagen – darunter keine einzige Sparmaßnahme in der Bürokratie. „Inakzeptabel“, sagt Lopatka. Er findet die Regelung, dass die EU-Beamten automatisch Gehaltserhöhungen bekommen, falsch: „So einen Automatismus gibt es in den Nationalstaaten nicht – da gibt es Nulllohnrunden und in Krisenländern sogar Kürzungen der Beamtenbezüge. “

Das Budget der EU ist gar nicht so hoch, wie man meinen könnte. Ein Größenvergleich: Österreichs Bundesbudget umfasst im Jahr 2013 rund 70 Milliarden €, das der gesamten EU rund 135 Milliarden. Dennoch wird gestritten, was das Zeug hält: Beim Budget 2013 raufen Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten gerade um fünf Milliarden Euro. Beim Haushalt 2014 bis 2020 streiten Briten, Italiener, Franzosen und Deutsche lustvoll über Rabatte und Rabatte vom Rabatt. Motto: Was die Briten können, können wir auch.

Veto-Drohungen

In den Chor gegenseitiger Veto-Drohungen stimmte am Samstag auch Außenminister Michael Spindelegger ein. Österreichs Netto-Beitrag (800 Millionen €) dürfe nur „angemessen“ steigen und Gelder für den ländlichen Raum dürfen nicht gekürzt werden, sonst gibt’s ein Veto. SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder unterstützt Spindeleggers Aussagen: „Wenn sich alle in der EU gegenseitig drohen, steigt Österreich eben auch auf die Bremse.“ Ziel sei allerdings nicht das Scheitern der Verhandlungen, sondern ein gutes Ergebnis. Auf Dauer hält Schieder diese Art von Geld-Gefeilsche für unhaltbar: „Die EU soll selbst Steuern einheben und gegenüber den Bürgern rechtfertigen.“

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