Leiden auf keinem Niveau

Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Leiden auf hohem Niveau bedeutet nicht, dass es der Betroffene weniger schwer hat.

von Birgit Braunrath

über große und kleine Probleme

Wir leiden auf hohem Niveau“, sagt RZB-Chef Walter Rothensteiner in Bezug auf Österreichs Wirtschaft. Und man ist reflexartig geneigt, ihm zuzustimmen. Das Phänomen zieht sich ja durch alle Bereiche: „First World Problems“ nennt man es etwa, wenn jemand bühnenreif an einem Kratzer in seinem Smartphone verzweifelt. (Anderswo nehmen sich Menschen das Leben, weil sie diese Smartphones unter unzumutbaren Bedingungen produzieren.) Oder wenn jemand die Reisebranche in den Ruin klagen will, weil sein 5-Stern-Hotel überbucht und nur eine 4-Stern-Absteige frei war. (Wussten Sie, dass es in der „ersten Welt“ Unterkünfte für Asylwerber gibt, in denen Schimmel und Ungezieferbefall als normal gelten?)

Leiden auf hohem Niveau bedeutet dennoch nicht, dass es der Betroffene weniger schwer hat. Auch wenn sein Leid klein und handlich scheint. Probleme relativieren sich nicht automatisch, nur weil andere größere Probleme haben. Der Punkt ist ein anderer: Leiden ist keine Lösung. Auf keinem Niveau. Leiden lähmt. Anpacken hilft.

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