Enttäuschte heimische EU-Beamte und Talente-Börse Brüssel

Mehr Kontakt mit der Regierung wollen österreichische EU-Beamte. Ihr Ansinnen löst heftige Reaktionen aus.
Margaretha Kopeinig

Margaretha Kopeinig

Mit 1,4 Prozent aller Beschäftigten ist Österreich unterdurchschnittlich repräsentiert

von Dr. Margaretha Kopeinig

über Österreichs Beamte in Brüssel

Großbritannien, Frankreich und skandinavische Länder pflegen längst enge Kontakte zu ihrem EU-Personal.

Das briefliche Ersuchen 100 österreichischer EU-Beamter an Bundeskanzler Werner Faymann und Außenminister Michael Spindelegger, einen ständigen Dialog über europapolitische Themen zu führen und ihr Know-how in nationale Entscheidungen besser einzubringen, hat Unterstützer gefunden. Dutzende Anrufe von Österreichern aus der EU-Zentrale dokumentieren das Interesse. Neugierde am Brief zeigten auch Diplomaten von EU-Mitgliedsländern in Wien.

Die österreichischen EU-Beamten bemängeln, dass es zu wenig Anbindung an die Institutionen im Heimatland gibt. Viele beklagen auch ein Desinteresse der Regierung an ihrer Arbeit. In der EU-Kommission mit insgesamt 33.033 Mitarbeitern sind 475 Österreicher tätig. Mit 1,4 Prozent aller Beschäftigten ist Österreich unterdurchschnittlich repräsentiert.

Die Antwort der Bundesregierung auf das Ansinnen der EU-Beamten ist das sachliche Schreiben zweier Sektionschefs, wurde dem KURIER auf Anfrage mitgeteilt.

Die EU-Regierungen gehen unterschiedlich mit ihren Landsleuten in Brüssel um. Das Vereinigte Königreich hält ständig Kontakt. „Die höheren EU-Beamten sind der verlängerte Arm von Downing Street 10“, sagt ein britischer Diplomat.

Finnland und Schweden schicken gerne ihre politischen Talente für einige Jahre in die EU-Kommission oder als Abgeordnete ins Europäische Parlament, wo sie lernen, in mehreren Sprachen zu kommunizieren und zu verhandeln. Sie sehen in Brüssel eine Kaderschmiede. Auch Frankreich und andere Südländer sind sehr geschickt beim Besetzen von EU-Jobs. Ihre Beamten sind nicht unabhängige Bürokraten, sondern nationale Interessensvertreter.

Der Run auf attraktive Botschafterposten ist eröffnet: Am Mittwoch wurden rund 25 Stellen ausgeschrieben. Im Herbst neu besetzt werden unter anderem: Berlin, Rom, Madrid, Budapest, Warschau, Stockholm, Bangkok, New Delhi, das Generalkonsulat sowie das Kulturinstitut in New York. Den OECD-Botschafterposten in Paris bestellt das Bundeskanzleramt.

2012, nach der Ermordung jüdischer Schüler in Toulouse durch einen El-Kaida-Kämpfer und einem Anschlag auf einen koscheren Supermarkt bei Paris, haben antisemitische Überfälle in Frankreich enorm zugenommen. 614 Attacken dokumentierte die Vereinigung Jüdischer Gemeinden in Frankreich im vorigen Jahr, 389 Fälle waren es 2011. Diese Zahlen veröffentliche die Jerusalem Post am Mittwoch. Über die Verdoppelung antisemitischer Vorfälle in Österreich beklagte sich vor wenigen Wochen auch der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch.

Das EU-Parlament will dieser Entwicklung nicht mehr länger zusehen: Mitte März wird die Zunahme antisemitischer und rassistischer Vorfälle die Abgeordneten beschäftigen. Sie fordern härtere Maßnahmen.

Kommentare