"Hygiene leben"? Wir brauchen endlich bessere Daten

"Hygiene leben"? Wir brauchen endlich bessere Daten
Zwei Drittel des Lockdowns sind vorüber, die Zahlen noch immer zu hoch. Mit "Hände waschen" alleine kommen wir nicht weiter.
Karl Oberascher

Karl Oberascher

Er hat es schon wieder getan. "Mindestabstand konsequent einhalten, Hygiene leben und Maßnahmen umsetzen", mahnte Gesundheitsminister Rudolf Anschober erst gestern wieder.

Und es stimmt ja: Wir schreiben Tag 14 im "harten Lockdown" und auch wenn die Zahlen langsam sinken, sind sie doch noch immer zu hoch.

Der Statistiker Erich Neuwirth hat das am Wochenende im KURIER ganz simpel aufgedröselt – seine Berechnungen gibt’s hier nachzulesen. Zusammengefasst: "So wie es derzeit aussieht, wären wir am 7. Dezember noch bei rund 2700 Neuinfektionen am Tag, also deutlich zu hoch." Gesundheitsminister Anschober versprach gestern zwar noch, der Lockdown sei "in einer Woche vorbei" – zahlreiche Einschränkungen werden aber wohl bleiben müssen. 

Aber "Hygiene leben"? Das Patentrezept aus dem März – so richtig es auch sein mag – hat einen fahlen Beigeschmack bekommen. "Hände waschen nicht vergessen", das rief man einmal seinen Kindern nach, kurz vor dem Mittagessen.

Für Kommunikation auf Augenhöhe bräuchte es längst auch andere Antworten. Wer Eigenverantwortung fordert, der muss sie auch ermöglichen.

Wer sich am Dashboard der AGES aber darüber informieren möchte, wie alt jene Menschen sind, die sich aktuell mit dem Coronavirus anstecken, bekommt darauf keine Antwort. Wer wissen möchte, wie sich die Altersverteilung bei den Todesfällen entwickelt, ebenso wenig.

Aktualisierung: Zu finden sind diese Daten etwa auf www.iconcepts.at

Davon, welche Berufsgruppen bei den Neuinfektionen aktuell – also im Lockdown - am häufigsten betroffen sind, oder wie viele der Todesfälle auf Fälle in Pflegeheimen zurückgehen, wollen wir hier gar nicht erst beginnen.

Für beide Antworten braucht es kein – zusammengebrochenes – Contact Tracing, eine genauere Aufbereitung bzw. Erhebung der Daten würde reichen. Dann könnte auch jeder für sich selbst bessere Rückschlüsse ziehen: Stecken sich die meisten, wie in sozialen Medien diskutiert wird, derzeit wirklich im Beruf an – und wenn ja, in welchem? Sind es hauptsächlich Menschen aus dem medizinischen Bereich, wie in Deutschland? Und wie betroffen ist meine Altersgruppe, wie viele meines Jahrgangs liegen auf der Intensivstation?

Seit bald neun Monaten beschäftigt sich dieses Land fast ausschließlich mit der Corona-Krise. Zu den fast neun Millionen Fußballtrainern haben sich inzwischen auch neun Millionen Virologen und Statistiker gesellt. Und das ist – ausnahmsweise – eine gute Entwicklung.

Die Politik sollte das anerkennen, indem sie uns Einblicke gibt, wie es auch andere Länder schon lange tun. Die Pausenansprache mit dem Händewaschen haben wir schon zur Genüge gehört. Was es jetzt endlich braucht, ist eine nachvollziehbare Taktik. Zahlen, Daten, Laufwege für die einzelnen Player in diesem schon viel zu lange dauernden Match. Appelle sind zu wenig.

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