Hände weg von den Energieunternehmen

Hände weg von den Energieunternehmen
Man sollte über Verstaatlichung und Übergewinnsteuern nachdenken dürfen. Man sollte aber genau so rasch die Finger davon lassen,
Richard Grasl

Richard Grasl

Denkverbote sind nie gut. Schon gar nicht in echten Krisensituationen. Daher sollte man sich in diesen Tagen auch mit den Ideen der Verstaatlichung der Energiekonzerne, der Abschöpfung oder Besteuerung sogenannter Übergewinne oder mit Preisdeckeln befassen.

Der Ruf nach einem starken Staat kommt in jeder Krise, auch gar nicht zu Unrecht, denn der Staat ist ja auch dazu da, zu helfen, wenn der Einzelne nicht mehr dazu in der Lage ist. Ob der Staat aber deswegen bestimmte (lebensnotwendige) Branchen gleich selbst übernehmen oder die Mechanismen eines Marktes außer Kraft setzen soll, ist jedoch mehr als fraglich. Niemand würde daran denken, die Lebensmittelproduzenten und Handelsketten zu verstaatlichen, weil auch dort die Preise und Gewinne steigen. Selbst in der Bankenkrise war die Verstaatlichung das allerletzte Mittel. In der Regel können privat geführte Unternehmen – gerne mit staatlicher Beteiligung – die Versorgung besser sicherstellen. Sie sind schlanker und effizienter und erwirtschaften neue Investitionen. Der Staat hat die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen und in der Not über Transferleistungen einzugreifen.

Das gilt auch für die Energiewirtschaft, vielleicht gerade dort. Um die Wende zur „Mission 2030“, also zum Umstieg auf erneuerbare Energie, zu schaffen, müssen in den nächsten Jahren rund 50 Milliarden Euro investiert werden. Die Bilanzsumme der heimischen Energieunternehmen betrug 2019 gerade mal 43 Milliarden Euro. Die Klimawende muss daher großteils aus Gewinnen finanziert werden. Man braucht neben Geld aber auch Personal, Material und rasche Genehmigungsverfahren.

Und damit sind wir schon bei der Rolle des Staates. Einerseits muss bei der Umsetzung das Tempo erhöht werden. Die Stellen zur Genehmigung in der Verwaltung sind jedoch ausgehöhlt. Es braucht noch mehr echte Beschleunigungen als im vorliegenden Entwurf zur UVP-Novelle. Es braucht Vorgaben, die Infrastrukturnetze ebenso wie die erneuerbaren Energiequellen auszubauen. Es ist eine Kriseninfrastruktur zu schaffen, die bei Netzschwankungen oder wie jetzt im Kriegsfall die Versorgung sicherstellt und die Preise halbwegs stabil hält.

Wer aber jetzt glaubt, das kleine Österreich oder ein auf dem Weltmarkt winziges verstaatlichtes Unternehmen könnte den von Russland aus dem Gleichgewicht gebrachten Markt richten, oder per Gesetz in die Preise oder Gewinne einzugreifen, der irrt. Das Burgenland und Niederösterreich haben vorgezeigt, was zu tun ist. Im Burgenland wurden durch jahrelang konsequente Raumordnungs- und Ausbaupolitik genügend Windräder geschaffen, um das Land zumindest beim Strom bilanziell unabhängig zu machen. Niederösterreich hat einige Jahre später nachgezogen. Und im Krisenfall den Menschen mit sozialen Transferleistungen unter die Arme zu greifen, hilft direkt und verbaut weder die Energiewende noch den technologischen Fortschritt.

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