Gratuliere, Du bist in einer Krise

Der positive Umgang mit Krisen ist oft schwierig. Doch es gibt etwas, das tatsächlich hilft, aus der Hilflosigkeit zu kommen: Anderen zu helfen.
Andrea Hlinka

Andrea Hlinka

Es gibt nichts Schlimmeres als Floskeln. Eine davon: „Jede Krise ist auch eine Chance.“ Sagen Sie das mal einem Kleinkind, das tobt, weil sein Eis auf den Gehsteig geplumpst ist. Oder einem älteren Kind, das sein erstes Nicht Genügend geschrieben hat oder einem Jugendlichen, der soeben von seiner ersten großen Liebe verlassen wurde. Oder einem Paar, das eine Fehlgeburt hatte. Oder einem Menschen, der seinen Arbeitsplatz verloren hat.

„Das Leben ist eine Abfolge von Krisen. Sie verlassen uns nie. Sie haben nur unterschiedliche Färbungen und unterschiedliche Intensitäten. In all diesen Phasen können wir abstürzen oder uns weiterentwickeln“, sagt der Psychoanalytiker Alfred Pritz, bei unserem Gespräch in der Sigmund Freud Privatuniversität Anfang der Woche, deren Rektor er ist. „Oje, das klingt ernüchternd“, sage ich. Er: „Nicht oje, das ist nun mal so.“

Okay. Das muss man wohl akzeptieren. Doch wie kann man ihnen besser begegnen, wie kann man einen positiven Zugang zu Krisen bekommen? „Gratuliere, du bist in einer Krise“ sagen? Das ist noch schlimmer als die Anfangsfloskel, da würde selbst der Robusteste davon laufen. Doch etwas hilft tatsächlich. Zu hören, dass uns Krisen nicht so schnell unterkriegen können. „In das Fass passen ziemlich viele Krisen“, so Alfred Pritz.

Noch besser ist es zu hören, dass es eine klare Handlungsempfehlung gibt: Denn das Handeln befreit vom passiven Trübsalblasen. Man müsse ins Tun kommen. Wer sich angesichts der vielen kollektiven Krisen hilflos fühle, könne etwa seine Hilfsbereitschaft anbieten. Das funktioniert garantiert in vielen Situationen. Aber nur dann, wenn man keine Erwartungen an den Empfänger hat. Sonst stolpert man vielleicht gleich in die Nächste.

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