Verbrenner-Verbot: Rechnung ohne den Wirt gemacht?

Verbrenner-Verbot: Rechnung ohne den Wirt gemacht?
Wirtschaftssteuerung durch die Politik funktioniert nicht. Ein Gastkommentar von Bernhard Wiesinger.

Vor einem Jahr hat sich die EU auf ein „Verbrennerverbot“ ab 2035 geeinigt. Heute will nicht einmal bei den Befürworter:innen echte Feierstimmung aufkommen. Vielleicht liegt es an der Entstehungsgeschichte des Gesetzes: Eine Idee von Umweltorganisationen fand Eingang in den „Green Deal“, der Skepsis der Autohersteller begegnete man mit großzügigen finanziellen Zusagen für die Umrüstung ihrer Werke auf E-Mobilität. Nur mit den Konsument:innen, die die neuen E-Autos kaufen sollten, hat keiner gesprochen.

Verbrenner-Verbot: Rechnung ohne den Wirt gemacht?

Bernhard Wiesinger ist Leiter der Interessenvertretung des ÖAMTC

Laut einer Umfrage (KURIER/OGM) unterstützten 2023 nur 11 Prozent der Österreicher:innen das Verbrenner-Aus. Knapp die Hälfte der Befragten lehnte es ab. Und daran hat sich laut einer aktuellen ÖAMTC-Umfrage praktisch nichts geändert. Das lässt sich auch an den Verkaufszahlen ablesen: Rund 80 Prozent der E-Autos werden von Unternehmen angeschafft. Privatkund:innen scheuen nach wie vor hohe Anschaffungskosten, spärliche Lademöglichkeiten und unsichere Wiederverkaufswerte. Ernüchterung auch bei den europäischen Autoherstellern: Sie verlieren Marktanteile. Chinesische E-Autobauer und Tesla scheinen uneinholbar vorne zu liegen. In der Zulieferindustrie gehen Tausende Arbeitsplätze verloren. Und die Abhängigkeit von China bei der Batterieproduktion nimmt kaum ab.

Doch Jammern bringt uns nicht weiter. Es braucht rasche, pragmatische Lösungen:

  • Elektromobilität bleibt ein zentraler Erfolgsfaktor für klimafitte Mobilität – aber sie muss konsumentenfreundlicher werden. Also: mehr Ladesäulen, transparente kWh-Tarife, Aufbau eines funktionierenden Gebrauchtwagenmarktes. Damit die Skepsis sinkt, muss das Angebot besser und nicht Alternativen verboten werden.
     
  • Mehr Pragmatismus: Die Beimengung von Biokraftstoffen kann die Klimabilanz unmittelbar enorm verbessern, ganz ohne exorbitante Kostenbelastung durch Anhebung von CO2-Abgaben oder zusätzliches Road Pricing.
     
  • Es braucht Technologieoffenheit – spätestens beim Review 2026: Die EU muss Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis auch im Straßenverkehr zur Treibhausgasminderung zulassen. Ob sich E-Fuels – heute noch teuer und energieintensiv in der Erzeugung – durchsetzen, soll der Markt entscheiden.
     
  • Wir müssen Technologien sachlich bewerten: Für politische Entscheidungen braucht es daher eine ehrliche Lebenszyklus-Betrachtung statt einer bloßen Bewertung des Fahrbetriebes.

Es ist verstanden und akzeptiert, dass die Klimapolitik strenge Ziele vorgibt, deren Einhaltung sie auch eng überwacht. Wie die Industrie diese Ziele erreicht, muss jedoch ihr überlassen bleiben. Kleinteilige Wirtschaftssteuerung durch die Politik funktioniert nicht: In der Marktwirtschaft treffen die Konsument:innen die Letztentscheidung. Ihnen muss man zuhören.
 

Bernhard Wiesinger ist Leiter der Interessenvertretung des ÖAMTC .

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