Fake Meat: Rezepte von gestern

Fake Meat: Rezepte von gestern
Es braucht neue Konzepte für einen reduzierten Fleischkonsum. Ein Gastkommentar von Thomas Neuburger.

Darf eine Konfitüre Marmelade heißen? Ist eine Aprikose dasselbe wie eine Marille? Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen Pflaume und Zwetschke? Worte haben eine erstaunliche Macht, die oft weit über ihre bloße Bedeutung hinausgeht. Sie können verbinden oder trennen und sie wecken Emotionen. Besonders dann, wenn es um Lebensbereiche geht, in die wir uns nicht reinreden lassen wollen. Der Streit um unsere Worte flammt immer wieder auf, wenn es um verordnete Produktbezeichnungen geht. Noch dürfen in Europa Fleischersatzprodukte als Würstel, Hühnerstreifen, Steak, Faschiertes etc. verkauft werden. Die Diskussion um die Bezeichnung von Fleischersatz, die in Frankreich losgetreten wurde, wird früher oder später auf europäischer Ebene landen.

Doch worum geht es bei der Debatte um Fake Meat eigentlich? Geht es darum, Klarheit für Konsumentinnen und Konsumenten zu schaffen oder sollen vielmehr die Interessen der Fleischindustrie geschützt werden? Aus meiner Sicht geht die Diskussion am eigentlichen Problem vorbei. Wir sollten darüber sprechen, ob unser Konsumverhalten noch zeitgemäß und zukunftssicher ist. Rund 65 Kilo Fleisch landen in Österreich jährlich pro Kopf auf dem Teller. Das sind fünf Portionen pro Woche, 5,9 Tonnen Fleisch in einem Menschenleben oder anders gesagt: 1.300 Tiere.

Angesichts dieser Zahlen wird deutlich, wie wichtig es ist, das Bewusstsein für die schädlichen Auswirkungen hohen Fleischkonsums auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit weiterhin zu stärken und eine vegetarische Ernährung für alle Menschen leicht zugänglich zu machen. Fleischersatz-Produkte haben der Menschheit und dem Planeten einen großen Dienst erwiesen. Sie haben zu mehr Akzeptanz für alternative Ernährung geführt. Heute brauchen wir aber neue Konzepte. Weg vom Ersatz, hin zur Alternative. Ob Protein aus Soja, Insekten oder Pilzen – den Möglichkeiten sind keine Grenzen gesetzt, Hauptsache, wir essen weniger Fleisch.

Ob Sie zur vegetarischen Variante Frankfurter oder Wiener sagen, ist dann eigentlich egal und mehr der Regionalität geschuldet. Auf die sollten wir auch schauen. Um den ökologischen Fußabdruck möglichst gering zu halten, reicht es nicht, Alternativen anzubieten. Bei der Herstellung alternativer Produkte sollten wir möglichst lokale Ressourcen verwenden und damit die regionalen Wirtschaftskreisläufe stärken.

Wir müssen weg von der Diskussion um Bezeichnungen und hin zu neuen nachhaltigen und regionalen Konzepten. Hören wir doch damit auf, Fleisch imitieren und ersetzen zu wollen und schaffen wir auch sprachlich Alternativen. Damit lösen wir nicht nur den französischen Streit, sondern schaffen Klarheit. Denn am Ende sind es Worte, mit denen wir Ideen verbreiten und die Welt verändern.

Thomas Neuburger ist Mitglied der Geschäftsleitung eines bekannten Fleischproduzenten, der auch auf Fleischalternativen setzt.

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