Ein Schönheitsmanifest als Regierungsprogramm

Ein Schönheitsmanifest als Regierungsprogramm
Eine aktive Kulturpolitik würde die Integration aller unterstützen und könnte unsere Leitkultur glaubwürdiger vermitteln. Ein Gastkommentar von Florian Mauthe.

Man sollte annehmen, dass gerade in einem Land wie Österreich, das in der Welt immer noch hauptsächlich mit seiner unverwechselbaren Kunst und Kultur in Verbindung gebracht wird, Kulturpolitik wichtig wäre. Aber dazu benötigt es erst einmal die Erkenntnis, dass Kunst und Kultur wesentliche Identifikationsmerkmale Österreichs und seiner Bevölkerung sind und aktive Kulturpolitik daher einen wichtigen politischen Faktor darstellt.

Kunst und Kultur bieten die Chance eines gelungenen Zusammenlebens und unterstützen Integration durch Einbindung aller in das kulturelle Geschehen. Das hat doch schon einmal um die Jahrhundertwende geklappt und hat Österreich nachhaltig geprägt. Außerdem können künstlerische Initiativen unsere Leitkultur glaubwürdiger vermitteln als politische Kampagnen, die auch noch unglücklich umgesetzt werden.

Aktive Kulturpolitik sollte günstige Rahmenbedingungen für die Freiheit der Kunst und deren Diversität schaffen. Die Kulturpolitik der letzten Jahre hat dazu nicht gerade viel beigetragen. Derzeit ist sie operativ nur durch ein Staatssekretariat und nicht auf Ministerebene in der Bundesregierung vertreten. Aufmerksamkeit hat die Kulturpolitik damit kaum und auch international setzt Österreich damit ein schwaches Zeichen für eine angebliche Kulturnation.

Ein Schönheitsmanifest als Regierungsprogramm
Florian Mauthe: "Die Kulturpolitik muss langfristig gedacht werden und ist daher ein Stiefkind der Regierungspolitik, die derzeit nur versucht, aktuelle Krisen zu bewältigen und keine zukünftigen bearbeitet."


 

Querschnittsmaterie

Eingebettet in einem gemeinsamen Ministerium mit Bildung oder Wissenschaft könnte das Kulturressort seine Stärken als Querschnittsmaterie in den Themen Wissenschaft, Forschung, Integration, Tourismus, aber vor allem auch Bildung beweisen. Es könnte eine friedlichere Diskussionskultur schaffen, indem es der linken „wokeness“ und „Cancel Culture“ ebenso entgegenwirkt wie auch rechten Allmachtsfantasien. Angesichts einer möglichen Regierungsbeteiligung der FPÖ, eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Das Kulturressort wäre für Kickl & Co ein praktisches Instrument, um mit intellektuellem Anstrich ihre ideologisch populistische Politik zu unterstützen und die Spaltung der Gesellschaft voranzutreiben.

Kurzsichtigkeit

Der Publizist und Kulturpolitiker Jörg Mauthe, mein Onkel, wäre heuer 100 Jahre alt geworden. Was ihn immer besonders geärgert hat, war die Phantasielosigkeit und neben den ideologischen Verblendungen der unterschiedlichen Parteien auch die Kurzsichtigkeit der Politik. In seinem Schönheitsmanifest, das er gemeinsam mit Günther Nenning verfasst hat, hinterließ er uns eine Botschaft:

„Verroht und verwahrlost sind Sitte, Sprache und Gefühl für nachbarschaftliche Solidarität. Wir stellen traurig fest, daß das Schöne in keinem Parteiprogramm auch nur erwähnt wird. Das Schöne wie das Gute sind aber die beiden fundamentalen Maßstäbe allen menschlichen Tuns und Denkens.“

Er hätte vielleicht den Vorschlag gemacht, eine kulturpolitische Offensive ins nächste Regierungsprogramm zu schreiben. Ein (Schönheits-) Manifest sozusagen, das dieses Land zukünftig nicht nur gut verwaltet, sondern auch langfristig und tiefgreifend positiv gestaltet.

Florian Mauthe ist Kulturreferent im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS). Bezirksrat der ÖVP Josefstadt und gelernter Schauspieler

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