Black is back

Die türkisen Machthaber sind auch in der ÖVP nicht mehr haltbar

Das „Projekt Ballhausplatz“ ist Geschichte. Da hilft auch keine Unschuldsvermutung mehr. Dieser Begriff ist zu Recht dem Strafprozess vorbehalten. In der Politik und im Leben müssen aber andere Regeln gelten. Umgangsformen und Methoden, wie sie in den Chats der Ballhausplatz-Projektbetreiber schockierend zu Tage traten, gehören nicht dazu.

Dass da der bisher äußerst duldsame grüne Koalitionspartner nicht mehr mit kann, sollte nur wirklich skrupellose Macht-Zyniker überraschen. Es wird also eine neue Regierung geben. Und wie auch immer diese im Detail aussieht, wird sie auf der Zusammenarbeit von vier Parteien beruhen, die sich bis vorgestern niemand in Österreich vorstellen konnte. (Damit erleidet Kurz das Schicksal seines großen Vorbilds Netanjahu).

Und tatsächlich hätte eine solche unkonventionelle Regierung auch für das Land einige Vorteile im Gegensatz zu einer raschen Neuwahl, die die Kurz-Truppe wohl emotionsgeladen unter dem Motto „Jetzt erst Recht“ führen würde: Die Gemüter können sich abkühlen – Korruptionsbekämpfung und Aufklärung diverser Ungereimtheiten in Ministerien und: Die Presseförderung könnte auf neue, transparente, Beine gestellt werden.

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Und schließlich kann sich eine so heterogene Parlamentsmehrheit ausschließlich über konkrete Projekte definieren, gerade weil man weltanschaulich so weit auseinander ist. Doch genau darin liegt die größte Chance fürs Land: zu sehen, dass man einander nicht mögen muss, um miteinander etwas zusammenzubringen. Das erleben nämlich die Menschen in Österreich in ihrem Berufs,- Arbeits-, und Geschäftsleben jeden Tag so. Nur die Politik lebt einen gehässigen Stil vor und hat diesen in den letzten Jahren auf die Spitze getrieben.

Für die beteiligten Parteien sieht es so aus: Die Grünen wären zwar lieber in der Regierung geblieben, aber sie können so ihre Big-Points Klima-Ticket und Einstieg in CO2-Bepreisung retten und gleichzeitig ihren Anhängern zeigen, dass sie die Sauberkeit nicht an der türkisen Garderobe abgegeben haben.

Die SPÖ kann als stärkste Kraft beweisen, dass sie in der Krise für Stabilität sorgt und kann sich intern auf die wohl im kommenden Jahr folgenden Neuwahlen vorbereiten. Die Neos können sich als konstruktives Element einer potenziell neuen Regierungsmehrheit darstellen.

Die FPÖ schlägt zwei Fliegen mit einer Klappe: Kickl kann sich an Kurz für den brutalen Rausschmiss rächen und die Partei kommt nolens volens als Gesprächs-, und Mehrheitspartner aus dem Schmuddeleck.

Bleibt die ÖVP. Sie sitzt auf den Trümmern der türkisen Ruinen und die Landeshauptleute müssen abwägen, ob sie wirklich diese wiederaufbauen wollen oder lieber auf die historische Bausubstanz einer christlich-sozialen (Land-)Wirtschaftspartei setzen.

Mein Tipp: Black is back.

Josef Kalina ist PR–Berater und Meinungsforscher.

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