EZB-Urteil - eigentlich ein Machtkampf der Gerichtshöfe

EZB-Urteil - eigentlich ein Machtkampf der Gerichtshöfe
Warum das deutsche Verfassungsgericht der europäischen Rechtsgemeinschaft keinen Gefallen getan hat.
Ingrid Steiner-Gashi

Ingrid Steiner-Gashi

Im Grunde ist es das Ergebnis eines Machtkampfes – das historische Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichtes zu den Staatsanleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB). Denn da bezweifelten die Richter in Karlsruhe nicht nur die „Verhältnismäßigkeit“ des Vorgehens der EZB, sondern stellten erstmals den Primat des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) infrage: Der EuGH hatte vor zwei Jahren in einem Urteil genau jene Bedenken vom Tisch gewischt, an denen sich die deutschen Richter nun festbissen. Wie kann es sein, dass die Richter in Karlsruhe eher wissen (wollen), was europäisches Recht ist als der EuGH?

Das gegenseitige Misstrauen der beiden Gerichtshöfe geht bis in die 90er-Jahre zurück. Vor allem aber hat das deutsche – anders als das österreichische – Verfassungsgericht grundsätzlich ein größeres Problem mit dem Primat des Unionsrechts. In Karlsruhe behält man sich vor, so lange auf Linie zu bleiben, „so lange die rechtsstaatlichen Grundsätze der Union eingehalten werden“. Die sah man im Fall der EZB nun erstmals gefährdet.

Das deutsche Verfassungsgericht schlägt damit riskante Pfade ein: Es serviert Polen oder Ungarn ein treffliches Argument, gegenüber den EU-Richtern noch mehr auf Widerstand zu gehen. Dort ist man ohnehin längst davon überzeugt, dass der EuGH über sein Ziel hinausschießt. Der europäischen Rechtsgemeinschaft hat Karlsruhe mit diesem wenig hilfreichen Urteil keinen Gefallen getan.

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