Die Welt hat Fieber. Wo bleibt der Arzt?

Klimaschutz ist längst kein grünes Thema mehr. Aber leider gewinnt man damit keine Wahlen.
Gert Korentschnig

Gert Korentschnig

Im Spiegel war jüngst in einer Analyse über den Klimawandel zu lesen: Nicht nur die Politik, auch der Journalismus habe versagt, weil es nicht gelungen sei, die aus der Erderwärmung resultierenden Probleme wenigstens teilweise zu erklären. Eine völlig richtige Analyse. Klimawandel: Das klingt nach Kokosnüssen im Garten, nach geringeren Heizkosten, nach Beschäftigungstherapie für pessimistische Wissenschaftler – und vor allem nach relativ weit weg.

Wir werden mit unserem heutigen Schwerpunkt weder den Journalismus, noch die Welt retten können. Aber wir versuchen zumindest eine Bestandsaufnahme mit zwei Ausblicken: Was passiert, wenn wir so weiterleben; und wie müssen wir leben, damit nichts passiert.

Dabei geht es definitiv um nichts Geringeres als um die Rettung der Welt. Blöd nur, dass wir grad keine Superhelden haben beziehungsweise, dass jene, die sich dafür halten, anderweitig beschäftigt sind.

Wenn sich unsere Durchschnittstemperatur um zwei Grad erhöht, dann hat die Welt starkes Fieber, wie von 36,5 auf 38,5 beim menschlichen Patienten. Bei drei Grad werden zahlreiche Küstenstädte untergehen, vielleicht sogar New York. Bei einem Anstieg von vier Grad müssen wir in Europa mit permanenter Dürre rechnen. Und bei fünf Grad sind wir so gut wie ausgestorben.

Erbkrankheit

Statt aber auf Ärzte, in diesem Fall naturwissenschaftliche Experten, zu hören, verlieren wir uns in politischen Streitigkeiten, kaufen uns eine Klimaanlage und schieben unser größtes existenzielles Problem der nächsten Generation zu. Wie eine Erbkrankheit. Dabei müssten wir die Ursachen behandeln. Wäre gar nicht so schwierig. Und kann uns trotzdem ein wunderbares Leben in unserer Region mit einem globalen Anspruch ermöglichen. Heute ist dafür schon gestern. Und morgen zu spät.

Eines der größten Missverständnisse bei Themen wie Umweltschutz oder Klimawandel: Dass das nach wie vor grüne Themen oder primär Themen der Grünen seien. Wenn wir darauf warten, dass die Grünen für uns schnell mal die Welt retten, na dann gute Nacht! Klimawandel MUSS ein zentrales Thema für alle Parteien sein. Leider kann man halt nicht so ohne Weiteres Klimarouten schließen, Klimazäune bauen, Klima-Mindestsicherungen kürzen, Klimazüge bestreiken – und auch in den Pensionstopf zahlt das Klima wenig ein. Das Klima ist ein Migrant, der sich nicht an Grenzen hält. Und es pfeift auf Strafzölle. Soll heißen: Mit dem Klima ist zwar eine Welt, aber kein Staat zu machen.

Im Parteiprogramm jener, die für das Blaue (vom Himmel?) stehen, ist Umwelt in einem Punkt mit Heimat und Identität zusammengefasst. Wäre nicht so falsch, würde es nicht sofort um Schutz der nationalen Eigenständigkeit gehen. Klima ist keine autochthone Volksgruppe. Geben wir ihm trotzdem Daueraufenthalt.gert.korentschnig

Kommentare