Den USA und China die Stirn bieten

Martina Salomon
Eine paneuropäische Industriestrategie ist wichtiger als hochmoralische Diskussionen, die ohnehin meist konsequenzenlos sind.
Martina Salomon

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Allen Unkenrufen zum Trotz hat die EU diese Woche gezeigt, dass sie schlussendlich funktioniert – und einem Verhandlungsmarathon dann auch eine Einigung folgt. Wir in Österreich müssen auch gar nicht bedauern, dass die EU kein rein deutsch-französischer Club mehr ist, in dem alle anderen abnicken, was Paris und Berlin vorher ausgemacht haben. Wer das als "antieuropäisch" empfindet, müsste auch frühere diverse Aktionen der Landeshauptleute gegen den Bund als "antiösterreichisch" brandmarken.

Jetzt kann man nur hoffen, dass die noch immer hohen Zuschüsse nicht den Populismus in den Empfängerländern befeuern. Wobei da übrigens auch Österreich nicht "unbefleckt" ist – mit Geldgeschenken einerseits sowie mangelnden Reformen andererseits. Und wenn ein Massenblatt wochenlang eine Maskenpflicht trommelt, dann reagiert die Bundesregierung, auch wenn noch kein in Supermärkten entstandener Cluster nachweisbar ist. (Ein "Symbol", wie Georg Willi, grüner Innsbrucker Bürgermeister, richtigerweise meint.) Besser wäre gewesen, man hätte Rückkehrer aus den Westbalkanländern schon in den vergangenen Wochen lückenlos getestet.

Doch zurück zur EU. Nicht ganz unproblematisch sind die Vorschläge, wie man das verteilte Geld wieder zurückverdienen will: durch eine Ausdehnung des Emissionshandels etwa oder eine Binnenmarktabgabe für Konzerne, die besonders vom gemeinsamen Markt profitieren. Ernsthaft? Während China und zunehmend auch die USA ihre Märkte abschotten und subventionieren, würde man europäische Konzerne abkassieren, weil das passiert, weshalb die EU gegründet wurde: nämlich ein kraftvoller gemeinsamer Wirtschaftsraum zu sein! Das klingt sehr defensiv. Wichtiger ist eine klare paneuropäische Industriestrategie mit eigenen Schwerpunkten, um den USA und China die Stirn zu bieten. Biotechnologie oder der Pharma-Markt böten sich dafür an (wobei am Arzneimittelsektor ausgerechnet die Nicht-EU-Länder Schweiz und Großbritannien besonders erfolgreich sind). Eurofighter wäre übrigens so ein Projekt gewesen.

Doch die Europäer scheuen ein klares Bekenntnis zur Verteidigungsunion und zu militärischen Großprojekten, die auf anderen Kontinenten für technische Innovationsschübe sorgen. In good old Europe ist man lieber mit (konsequenzenlosen) hochmoralischen Diskussionen beschäftigt und damit, sich wechselseitig mangelnde Demokratie zu unterstellen. (Dass besonders die ehemals von Russland unterjochten ost- und mitteleuropäischen Länder darauf allergisch reagieren, verwundert nicht.) In den USA und China haben Firmen einen riesigen Binnenmarkt mit einheitlicher Sprache, weitgehend einheitlicher Kultur und einheitlichem Kapitalmarkt zur Verfügung. Und Kooperationen zwischen Wirtschaft und Unis gelten nicht als anrüchig. Da lässt es sich leichter wachsen, während man sich in Europa oft genug wechselseitig im Weg steht.

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