Das Waldviertel bleibt autobahnfrei

Ausbruch der Coronavirus-Krankheit (COVID-19) in Mörfelden.
Lange geplant und nun doch verworfen. Niederösterreichs Politik hat sich gegen eine Betonspur durch die grüne Lunge Niederösterreichs entschieden.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Es hatte sich schon abgezeichnet, jetzt ist es auch ausgesprochen. Gemeinsam verkündeten Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), dass das Waldviertel autobahnfrei bleiben wird. Damit ist jenes Thema abgehakt, das diese Region viele Jahre hindurch im Bann gehalten hatte. Und das in ganz Österreich diskutiert wurde, weil Klimaschutz und eine neue Autobahn nicht ganz zusammenpassen.

Dass dieser Rückzug schon längere Zeit in den Köpfen der ÖVP-Regierungsmitglieder Platz ergriffen hatte, war vor mehreren Wochen deutlich geworden. Da hatte SPÖ-Landesparteiobmann Franz Schnabl den Abkehr seiner Partei vom Projekt Waldviertelautobahn verlautbart – und die Reaktion der ÖVP fiel eher verhalten aus.

Eigentlich hätten die Türkisen ihr rotes Gegenüber politisch in der Luft zerreißen müssen, da die Forderung nach so einer Autobahn ursprünglich von der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter gekommen war. Dafür waren diese sogar auf die Straße gegangen und hatten in der FPÖ Verbündete gefunden.

Zwiespalt in der ÖVP

Für die ÖVP war es immer ein schwieriges Thema gewesen. Ex-Landeshauptmann Erwin Pröll war dagegen, obwohl sich etliche seiner Waldviertler Parteikollegen so eine hochrangige Straße  gewünscht hatten und keine Benachteiligung gegenüber der Weinviertel wollten, wo die A5 für wirtschaftliche Belebung gesorgt hatte. Johanna Mikl-Leitner präsentierte dann mit Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko – selbst Waldviertler – die Plan der Europaspange.

Praktisch eine Waldviertelautobhan quer durch dieser Region. Unter Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) war die strategische Prüfung dafür eingeleitet worden, seine Nachfolgerin Leonore Gewessler wird nun der Triumph gegönnt, alles wieder in der Schublade verschwinden zu lassen.

Doch was hat diesen Sinneswandel bewirkt. Der neue Zugang zum Klimaschutz? Die Schwierigkeit, solch ein Projekt überhaupt Realität werden zu lassen? Die negativen Erfahrungen mit der Marchfeld-Schnellstraße S8? Ein Umdenken in der Waldviertler Bevölkerung? Die enormen Kosten für jeden Autobahnkilometer? Die Umweltministerin, die  mit  ihrer Abneigung gegenüber neuen Straßen  nie hinterm Berg gehalten hat?  Die kritischen Stimmen innerhalb der blau-gelben Volkspartei? Es wird von allem etwas gewesen sein. Und nicht zuletzt der Wunsch, dieses Thema noch weit weg von den kommenden Landtagswahlen im Jahr 2023 begraben zu können.

Das Paket, das im Gegenzug mit der Ministerin ausgehandelt worden ist, ist ja auch nicht zu verachten. Vor allem der Ausbau der Franz-Josef-Bahn, der endlich wirklich umgesetzt werden soll. Da bedarf es jetzt der Ministerin, dass sie die ÖBB darauf  drängt, dass das Wirklichkeit wird. Versprechungen hat es da schon genug gegeben. Jetzt muss bewiesen werden, dass das Waldviertel auch autobahnfrei eine Zukunftsregion ist.

Porträt eines Mannes mit Brille vor dem Schriftzug „Kurier Kommentar“.

Martin Gebhart Profilbild

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