Corona-Pandemie: Das Management der Krise muss aufgearbeitet werden
Richard Grasl
01.02.23, 17:30Rund drei Jahre hat sie also gedauert, die Corona-Pandemie. Der Bund will zur Jahresmitte alle Maßnahmen auslaufen lassen, und hoffentlich erkennt auch die Wiener Stadtregierung bald, wie absurd es ist, dass in Kinos, Theatern, Restaurants und Sporthallen ohne Maske geatmet werden darf, in U- und Straßenbahnen aber nicht. Die europaweit vermutlich einmalige Regelung könnte Ende Februar fallen.
Doch so froh wir alle über das Ende der Pandemie sind, so wichtig ist es, die Lehren daraus zu ziehen. Die Bereiche, in denen das notwendig ist, sind mannigfaltig. Beginnen wir bei den politischen Entscheidungen. Natürlich war die Situation, welche die gerade erst ins Amt gekommene türkis-grüne Regierung im März 2020 vorgefunden hat, eine noch nie da gewesene Herausforderung.
Noch nie musste man ein ganzes Land mit Ausnahme von Supermärkten und Apotheken zusperren. Daher sollte man die Kritik hier konstruktiv ansetzen und sich auf die Learnings konzentrieren. Ja, vielleicht hätte man Schulen und Sportstätten offenlassen können – oder sogar müssen. Aber kein ernst zu nehmender Wissenschafter hatte das am Beginn gefordert. Und die Sorge um die Oma, die vom Enkerl angesteckt wird, war groß.
Die Regierung hat mittlerweile ein Krisensicherheitsgesetz samt Bau eines Krisenzentrums beschlossen. Damit können Politik und Verwaltung rasch und zielgerichtet agieren. Ein Krisenkoordinator, der dem Kanzler zugeordnet ist, bekommt Durchgriffs- und Koordinationsrechte. Der Weg, der hier beschritten wird, ist notwendig, den Praxistest muss das System aber (leider) noch bestehen.
Die finanziellen Entscheidungen und Abwicklungen bedürfen ebenso einer Analyse. Dass man via Wirtschaftskammer und Cofag an Kontrollinstanzen vorbei gearbeitet hat, mag der notwendigen Geschwindigkeit geschuldet sein („nur wer schnell hilft, hilft doppelt“). Das Gefühl, dass es in einigen Branchen Überförderungen gegeben hat, bleibt jedoch. Dass viele einfach per Antrag ungeprüft zu Geld gekommen sind (siehe Seniorenbund Oberösterreich), darf nicht sein. Wer zu Unrecht Geld bezogen hat, sollte es rasch zurückzahlen und für die nachträgliche Ehrlichkeit amnestiert werden. Wer beim Förderbetrug erwischt wird, muss hart bestraft werden. Auch das Vergaberecht sollte man für Notsituationen wie diese schärfen. Obwohl es schnell gehen muss, darf es keine Freunderlwirtschaft ohne Ausschreibung geben.
Auch die EU muss ihre Regeln für Notsituationen schärfen. Man war nicht vorbereitet, wann man mit welchen Summen Unternehmen helfen darf. Staaten, die hier streng blieben, haben der eigenen Wirtschaft Wettbewerbsnachteile eingebracht. Und über die Rolle der Wissenschafter – situationselastisch als Berater, Feigenblatt, Sündenbock oder Versteck für die Politik – muss man auch noch reden.
Es ist gut, dass die Pandemie vorbei ist. Aber deren Aufarbeitung muss gelingen. Die nächste Krise kommt bestimmt.
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