Was Frau Griss und Herrn Strache verbindet

Warum die Ex-Richterin nicht in die Hofburg einziehen, man sie aber trotzdem nicht ignorieren sollte.
Philipp Hacker-Walton

Philipp Hacker-Walton

Dass Griss im Gespräch ist, ist ein Auftrag an die Politik

von Philipp Hacker-Walton

über den Hofburg-Wahlkampf

Während die Parlamentsparteien noch intern grübeln, ob sie einen Kandidaten für die Bundespräsidenten-Wahl im Frühjahr aufstellen und wenn ja wen, ist ihnen Irmgard Griss schon einen Schritt voraus: Sie überlegt immerhin schon öffentlich, unter welchen Umständen sie für die Hofburg kandidieren würde.

Eine der ersten positiven Reaktionen kam von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache: Er freue sich grundsätzlich, dass Griss öffentlich ihr Interesse bekundet habe.

Auch wenn es, nachdem Griss im ZiB2-Interview ein klares "Ja" zur Homo-Ehe äußerte, jetzt wohl eher doch nichts mit der Unterstützung durch die Blauen werden dürfte, so lohnt es doch, Gemeinsamkeiten zwischen Griss und Strache zu betrachten; gerade, was den Umgang der Mitbewerber mit ihnen betrifft.

Denn so wie Straches Zulauf ist die Tatsache, dass Griss überhaupt ernsthaft als Kandidatin für die Hofburg im Gespräch ist, vor allem eines: Ein Ausdruck der Unzufriedenheit mit den Regierungsparteien, mit "der Politik" an sich.

Wer Strache wählt, will oft gar nicht von Strache regiert werden - sondern seinen Grant auf die Regierenden vermerken. Am Beispiel Wien: Die FPÖ schaffte erstmals den Sprung über die 30-Prozent-Marke, lag auch in den Umfragen konstant darüber - aber nur etwas mehr als 20 Prozent wollten Strache als Bürgermeister.

Dass Griss nun im jüngsten OGM-Vertrauensindex den besten Wert aller bisher genannten möglichen Hofburg-Kandidaten erreicht, dürfte denn auch - wie bei Strache - eher daran liegen, dass sie nicht als "Teil des Systems" gilt: Sie wird nicht "klassische Politikerin" wahrgenommen, nicht als Teil über Jahrzehnte gewachsener (rot-schwarzer) Netzwerke. Griss profitiert davon, dass sie "von außen" kommen würde - und dass ihr als Leiterin der Hypo-Kommission zugetraut wird, Missstände anzusprechen, die von "der Politik" eher verdeckt werden.

Inhaltlich - das ist die nächste Gemeinsamkeit mit Strache - hat Griss ja bislang nicht viel anzubieten. Was könnte sie besser als andere, wurde Griss in der ZiB2 gefragt? "Ich kann mich als Person einbringen, ich kann das so machen, wie ich glaube, dass das richtig ist." Ähnlich vage blieb sie in fast allen Sachfragen.

Nun könnten Rot und Schwarz Griss schlicht ignorieren und darauf bauen, dass ihre Kandidatur einfach nie genug Fahrt aufnimmt oder sich mit weiteren holprigen Auftritten von selbst erledigt. Das wäre genauso simpel, wie Strache einfach ins rechte Eck zu stellen und dort nicht weiter zu beachten.

Und genauso falsch.

Die etablierte Politik sollte die (Umfrage-)Erfolge von Strache und Griss (und Stronach und und und ...) zum Anlass nehmen, sich selbst zu hinterfragen, Reformen anzupacken, kurz: Das Land besser zu regieren. Und nicht darauf hoffen, dass der Zuspruch für rechte Recken und vertrauenswürdige Ex-Richterinnen nur eine Mode-Erscheinung bleibt.

Oder, in beiden Fällen noch schlechter: Auf die - sich mit ziemlicher Sicherheit früher oder später einstellende - Eigen-Entzauberung von Frau Griss in der Hofburg und Herrn Strache im Kanzleramt setzen.

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