Suche nach EU-Kommissaren: Österreichs Regierung schweigt, die finnische rotiert
Hahn wird gelobt - aber nur halbherzig
Nachdem es fast fix scheint, dass die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel kommende Woche Jean-Claude Juncker als Kommissionspräsident nominieren werden, hat mittlerweile das nächste große Feilschen begonnen: Es geht um das „Regierungsprogramm“ der Kommission für die nächsten fünf Jahre – und, natürlich, um die Posten, die zu vergeben sind.
Österreich hat wenig Chancen auf einen der Top-Jobs, die noch zu haben sind – als Nachfolger von Ratspräsident Herman Van Rompuy und der Außenbeauftragten Catherine Ashton sind keine heimischen Politiker im Gespräch. Othmar Karas hat, wie berichtet, Außenseiter-Chancen auf den Posten des Parlamentspräsidenten, doch worum es momentan aus österreichischer Sicht wirklich geht ist, welches Ressort der nächste österreichische Kommissar bekommen wird.
Anders als in anderen Ländern gibt es bei uns keine öffentliche Debatte darüber; zumindest keine, an der sich die Regierung beteiligen würde. Während anderswo die (Koalitions-)Parteien darüber streiten, wer den nächsten Kommissar stellen soll, scheint längst entschieden, dass die ÖVP den Posten „behält“, den sie schon seit dem EU-Beitritt 1995 kontinuierlich besetzt.
Auch darüber, welche(r) ÖVP-Kandidat(in) nominiert werden soll, gibt es keine echte Debatte. Johannes Hahn wird für seine Arbeit als Regionalkommissar in den letzten fünf Jahren von rot und schwarz gelobt – aber auf eine zweite Amtszeit für Hahn will sich auch niemand öffentlich festlegen.
Eine Alternative zu Hahn wäre Karas: Er hat sich in den letzten Jahren u.a. bei den Arbeiten zur Bankenregulierung im EU-Parlament einen guten Namen gemacht. Außerdem hat er ein sehr, sehr gutes, langjähriges Verhältnis zu Juncker. Gut möglich, dass Karas in Junckers Kommission eine gewichtigere Rolle spielen könnte als Hahn.
Egal, wer es wird – das Auswahlverfahren mit Nicht-Debatte hinterlässt, wieder einmal, das Gefühl, dass die Brüsseler Top-Jobs in Österreich weniger zählen als anderswo und eher als Abstellgleis gesehen werden; der Austausch zwischen nationalen Regierungsämtern und Spitzenposten auf EU-Ebene hält sich folglich in Grenzen.
Wie man es auch – und ganz anders – machen kann, zeigen dieser Tage die Finnen.
Währungskommissar Olli Rehn hat, nachdem sich abzeichnete, dass er nicht für eine weitere, dritte Amtszeit nominiert werden würde, bei den EU-Wahlen kandidiert und wechselt jetzt ins EU-Parlament – ein Gewinn für das Parlament.
Seinen Platz in der Kommission übernimmt (zunächst vorübergehend) Jyrki Katainen, der gerade als finnischer Regierungschef zurückgetreten ist. Katainen hatte seinen geordneten Rückzug schon im April angekündigt – er macht vor den Parlamentswahlen im nächsten Jahr Platz für seinen Nachfolger. Katainen hat sich damit längst ins Spiel gebracht für einen Brüsseler Top-Job – er wurde (und wird) als Alternative für Juncker an der Kommissionsspitze gehandelt. Wird Juncker Kommissionspräsident, dürfte Katainen als Ex-Premier einen gewichtigen Kommissarsposten erhalten.
Katainens designierter Nachfolger als Premierminister ist Europaminister Alexander Stubb. Stubbs Laufbahn ist ein Paradebeispiel für eine gelungene europäische Karriere: Er hat 2001 als Berater des damaligen Kommissionspräsidenten Prodi begonnen, wurde 2004 ins EU-Parlament gewählt, war dann ab 2008 Außen- und seit 2011 Europaminister. Als Minister hat Stubb auch bei der EU-Wahl kandidiert - und 148.000 Vorzugsstimmen erhalten, die meisten in Finnland.
Stubb gilt als lockerer Typ - wobei fraglich ist, ob er als Premierminister noch so viel Zeit finden wird wie jetzt, um selbst zu twittern. Zumindest Bilder wie diese dürfte es künftig weniger von ihm geben:
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