Abschiebungen nach Afghanistan fordern? So geht Spaltung

Abschiebungen nach Afghanistan fordern? So geht Spaltung
Abschiebungen nach Afghanistan, selbst von Straftätern, sind eine populistische, illusorische Forderung, mit der man zur weiteren Spaltung der Gesellschaft beiträgt.
Caroline Ferstl

Caroline Ferstl

Ein integrierter Afghane mit Aufenthaltsstatus hat bei einem islamistischen Angriff im deutschen Mannheim fünf Menschen verletzt und einen Polizisten getötet. Jetzt wird die Abschiebung von Straftätern nach Afghanistan gefordert; ähnliche Debatten gibt es auch immer wieder in Österreich. Das "Sicherheitsinteresse Deutschlands" müsse "gegenüber dem Bleibeinteresse des Betroffenen überwiegen", heißt es aus dem Ministerium von Innenministerin Nancy Faeser (SPD).

Islamismus ist eine Gefahr für den Zusammenhalt jeder demokratischen Gesellschaft und muss vehement und mit allen legalen Mitteln bekämpft werden. Das Problem bei diesem konkreten Fall ist jedoch: Vor dem Anschlag war der Afghane weder ausreisepflichtig noch ist er Polizei und Verfassungsschutz aufgefallen; er war kein Straftäter, auf den ein derartiges Gesetz hätte angewendet werden können. Und über das viel gebrachte Argument, so ein Gesetz habe auch eine abschreckende Wirkung, lässt sich streiten.

Dass derzeit sowieso niemand nach Afghanistan abgeschoben wird, liegt weniger an dem geltenden Abschiebestopp, sondern an der Sicherheitslage im Land am Hindukusch. So sieht das auch international geltendes Recht – eine Abschiebung wäre gegenüber dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte kaum haltbar.

Was aber am stärksten dagegenspricht: Kein Land der Welt hat die islamistischen Taliban bisher als legitime Regierung anerkannt. Ein Schritt, den Berlin eigentlich nicht tun will, aber gehen müsste, um Rückführungen auszuverhandeln. Genauso wenig will man den Taliban Geld zahlen – was die für die Rücknahme von Straftätern sehr wahrscheinlich verlangen würden.

Das weiß auch Innenministerin Faeser. Der Ruf nach Abschiebungen ist damit nichts weiter als eine populistische, illusorische Forderung, die man nicht den Rechten überlassen will. Damit nimmt man jedoch bewusst in Kauf, dass man zur weiteren Spaltung und Radikalisierung der Gesellschaft beiträgt.

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