Wieso die türkische Wirtschaft trotz Rekordinflation boomt

Seit Jahresbeginn verlor die Lira deutlich auf den Dollar
Für manche Branchen scheint die Krise sogar von Vorteil zu sein - zumindest für jetzt noch.

Während die türkische Bevölkerung sich mit steigenden Preisen und schwindender Kaufkraft plagt, verzeichnet die türkische Wirtschaft einen Boom. Mit einem Wachstum von 7,3 Prozent startete sie ins Jahr 2022. Die auf den ersten Blick unstimmig wirkende Entwicklung lässt sich auf mehrere Gründe zurückführen.

Einer davon sind Nachholeffekte der Pandemie. Nach zwei Jahren Corona-Krise wurden in den letzten Monaten Käufe und Investitionen nachgeholt. Auch scheint sich in der türkischen Bevölkerung immer mehr folgendes Motto durchzusetzen: Lieber gleich kaufen, bevor es noch teurer wird. Eine besonders hohe Bereitschaft, Geld auszugeben, findet sich aber vor allem bei den Touristen. Der günstige Wechselkurs scheint viele Menschen aus dem Ausland in die Türkei zu locken. Istanbuler Hotelbetriebe berichten von einer höheren Belegung als vor der Pandemie.

Die große Nachfrage im Tourismus treibt die Preise und damit die Einkünfte von Hotels und deren Angestellten mit in die Höhe. Das Gleiche passiert in anderen Bereichen der Industrie und des Handels, oder auch der Immobilienbranche, die dank ausländischer Investoren floriert. So lässt sich erklären, dass viele Menschen weiter einkaufen, obwohl die Preise ständig steigen.

Wie lange hält es an?

Ein weiterer Effekt der hohen Preise ist, dass sich die Steuereinnahmen des Staates auch erhöhen. Denn wenn Verkaufspreise steigen, steigen auch Einnahmen aus der Mehrwertsteuer mit. Das Gleiche gilt für die Einkommensteuer bei steigenden Gehältern. Der türkische Staat nimmt derzeit genug ein, um die hohen Kosten für Importe abzufedern. Die Frage ist nur, wie lange noch?

Die Türkei spielt ein riskantes Spiel. Sollte die globale Konjunktur aufgrund des Ukrainekriegs oder einer neuen Corona-Welle abkühlen, würde die türkische Wirtschaft ohne Aufträge und trotzdem mit hohen Preisen dastehen. In Russland rät man schon von türkischen Immobilien ab – der Markt sei viel zu aufgeblasen.

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