Wie zahlreichen Auslandsserben das Wahlrecht verweigert wird
Folgende Frage wird in genau zehn Tagen allen serbischen Bürgern gestellt: "Sind Sie dafür, das Gesetz zur Änderung der Verfassung der Republik Serbien zu bestätigen?" Die Serben können damit erstmals seit 2006 darüber entscheiden, ob der höchste Rechtsakt des Landes geändert wird oder nicht.
Die Verfassungsänderungen werden nötig sein, wenn der größte Nachfolgestaat des ehemaligen Jugoslawiens den nächsten Schritt in Richtung EU-Beitritt schaffen will. Die Änderungen betreffen in erster Linie die Justiz im Lande, haben die EU-Vertreter immer wieder betont. Das erklärte Ziel ist es, eine unabhängige Justiz ohne politische Einflussnahme und damit Rechtsstaatlichkeit zu schaffen.
Dieses Referendum betrifft auch rund 122.000 in Österreich lebende Menschen. Laut Statistik Austria gibt es hierzulande so viele serbische Staatsbürger. Im Gegensatz zu vielen anderen Auslandsserben haben sie das Privileg, abstimmen zu dürfen.
Zu kurzfristig
Am bevorstehenden Referendum können nämlich serbische Staatsbürger aus nur zehn Ländern der Welt teilnehmen. Nach Angaben des serbischen Außenministeriums ist der Gang zur Wahlurne in Deutschland, Frankreich, Kroatien, der Schweiz, Italien, Norwegen, Russland, Belgien, Luxemburg und eben in Österreich möglich. In allen anderen Ländern sind die Kriterien für die Eröffnung von Wahllokalen nicht erfüllt worden, berichtet die Tageszeitung Danas.
Unzufriedene Serben aus den Vereinigten Staaten und Kanada haben sich mit Danas in Verbindung gesetzt und wollten ihre Enttäuschung zum Ausdruck bringen, dass sie ihr Wahlrecht nicht ausüben können. Sie behaupten, die derzeitige Regierung sei schuld daran. Sie hätte die kurzen Fristen für die Wählerregistrierung in den Wahllokalen vorgeschrieben bzw. die potenziellen Wähler in diesen Ländern nicht rechtzeitig informiert.
Das serbische Generalkonsulat in New York etwa verschickte eine Erklärung an alle in den USA lebenden serbischen Bürger. Demnach seien die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Wahllokals in New York nicht gegeben, da sich weniger als 100 Wähler zur Wahl angemeldet hätten. "Da die Wahlbeteiligung in Chicago und Washington gleich schlecht war, werden die Wahllokale nirgendwo in den Vereinigten Staaten geöffnet sein. Eine Teilnahme am bevorstehenden Referendum ist leider nicht möglich", heißt es in dem Schreiben des serbischen Konsulats, das Vesna Veljasević, eine in den USA lebende Serbin, dem Blatt weitergeleitet hatte.
Verweigertes Wahlrecht?
Veljasević beklagte, dass dies nicht das erste Mal sei, dass serbischen Bürgern in den Vereinigten Staaten das Wahlrecht verweigert werde. Als Beispiele nannte sie die Parlamentswahl 2020, als sie wegen der Coronavirus-Pandemie nicht wählen konnten bzw. die Präsidentschaftswahl 2017, als es wegen eines "angeblichen Serverabsturzes" nicht möglich war, eine Wählerliste zu erstellen.
"Jedes Mal, wenn in Serbien Wahlen stattfinden, müssen wir uns registrieren, alle notwendigen Unterlagen vorlegen bzw. unseren Wahlwunsch äußern, um zum Beispiel in New York wählen zu können. Unser Konsulat hat unsere E-Mail-Adressen und hat uns noch nie (wir leben hier seit 22 Jahren) eine Wahlbenachrichtigung oder eine Einladung zur Wählerregistrierung zukommen lassen“, erklärte Veljasević gegenüber Danas.
Angst vor Stimmenmissbrauch
Das Außenministerium behauptet jedoch, dass es unmöglich sei, jeden Bürger Serbiens, der im Ausland lebt, einzeln zu informieren. Dies sei nie Praxis gewesen, denn die serbischen Vertretungen hätten nicht die persönliche Adresse jedes Einzelnen.
Das Außenministerium veröffentlichte auf seiner Website eine Erklärung zur Durchführung des Referendums und leitete sie an alle Botschaften weiter, die dasselbe taten. Das Wahlrecht sei niemandem verwehrt worden, und wenn die Kriterien für die Eröffnung eines Wahllokals - mindestens 100 registrierte Wähler - nicht erfüllt seien, könne die Abstimmung nicht organisiert werden, teilte das Ministerium mit.
Veljasević behauptet jedoch, dass eine Liste der E-Mail-Adressen der Personen mit Sicherheit existiert. Das Konsulat würde die US-Serben benachrichtigen, wenn Events stattfinden, die für diese Community relevant sein können. Ein konkretes Beispiel sei ein Konzert der Belgrader Philharmoniker in der berühmten Carnegie Hall.
"Wir bekamen alle ein E-Mail mit Informationen zu dieser Veranstaltung. Das Konzert fand im Oktober 2014 statt, da war die aktuelle Regierung bereits im Amt. So haben ich und viele andere von diesem und einigen anderen Konzerten erfahren. Und ich möchte auch erwähnen, dass ich alle anderen Empfänger im CC sehen konnte", sagt die US-Serbien.
Sie habe den Verdacht, dass ihre Stimme missbraucht werden könnte. "Abgesehen davon, dass ich mich hier zur Wahl registriere und mich hier auf die Wählerliste gesetzt habe, erhalte ich unter normalen Umständen noch eine Einladung in Belgrad. Da sie wissen, dass ich beim Referendum in Serbien sicher nicht dabei sein werde und ich hier auch nicht abstimmen kann, können sie meine Stimme gut gebrauchen".
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