"Von hier aus können wir nicht mehr machen, außer Spenden zu sammeln"

"Von hier aus können wir nicht mehr machen, außer Spenden zu sammeln"
Wie sich die Community in Österreich für die Opfer und Betroffenen der verheerenden Erdbeben engagiert

Wenn man auf die weißen Stühle und Tische, die Tüll-Dekorationen und die Bühne blickt, fällt es einem fast schwer zu glauben, dass hier vor kurzer Zeit noch Hunderte Menschen waren. Sie nahmen Sachspenden wie Decken, Kleidung, Babynahrung und auch Medikamente entgegen. Sortierten sie, verpackten sie in Kartons und machten alles bereit, damit alles in die von den verheerenden Erdbeben betroffenen Regionen verschickt werden kann.

"Ein Freund wollte zuerst einen Reisebus mit Sachspenden hinschicken. Er fragte mich um Hilfe, damit wir diesen auch befüllen können. Schon am ersten Tag hatten wir zwei Lkw voll", so Ümit Günes. Er ist der Betreiber von Kösk, wo normalerweise Hochzeiten stattfinden. „Deshalb mussten wir die Sammelaktion am Wochenende leider auch dichtmachen. Es stehen wieder Events an“, erklärt er.

Die Spendenkampagne, die koordiniert mit der türkischen Botschaft abläuft, findet nun hauptsächlich einige Hundert Meter weiter in der Eventhalle Hayal im 23. Wiener Gemeindebezirk statt. Rund ein Dutzend Lkw, beladen mit Sachspenden und Hilfsgütern, wurde von hier weggeschickt.

Weitere Spendenstellen verteilen sich über ganz Österreich. „Als türkisch-stämmiger Österreicher bin ich wirklich stolz auf dieses Land. Wir haben bisher keine vergleichbare Situation erlebt. Es ist schön, zu sehen, wie alle an unserer Seite stehen und mithelfen“, betont Mehmet Değer, Betreiber von Hayal.

"Das Erdbeben betrifft uns irgendwie alle. Aber von hier aus können wir nicht viel machen, außer Spenden zu sammeln und versuchen zu helfen", sagt der 23-jährige Murat. Er ist nach der Arbeit hergefahren, um mit anzupacken. An Abend helfen Dutzende andere mit ihm vor Ort – von jung bis alt.

Für die türkische Community ist das eine der wenigen Möglichkeiten, aktiv etwas für die Opfer der Erdbeben zu machen. Auch zahlreiche Vereine und Verbände sammelten Spenden; Restaurants und Betriebe verkündeten, ihre Erlöse von teilweise mehreren Tagen den Erdbebenopfern zukommen zu lassen.

Mehr als 33.0000 Tote

Mehrere aufeinander folgende Erdbeben haben vor einer Woche im türkisch-syrischen Grenzgebiet unermessliches Leid gebracht. Tausende Familien wurden auseinandergerissen, Städte dem Erdboden gleichgemacht. Die Katastrophe kostete bisher, mit mehr als 29.000 Toten in der Türkei und mehr als 3.500 in Syrien, mehr als 33.000 Menschen das Leben. Knapp 80.300 Verletzte wurden zudem registriert. Nach Schätzungen der UNO dürfte die Anzahl der Todeszahlen möglicherweise noch auf mehr als 50.000 ansteigen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht mittlerweile davon aus, dass 26 Millionen Menschen in der Türkei und Syrien von der Katastrophe betroffen sein könnten.

Auch viele in Österreich lebende Menschen haben Familien und Angehörige in den betroffenen Regionen. "Meine Familie ist in Gaziantep. Meine Schwester ist derzeit in einer Art Einkaufszentrum untergekommen. Mein Bruder ist Feuerwehrmann und vor Ort bei den Bergungsarbeiten im Einsatz", sagt Eyup Altunova. Der Schmuckdesigner ist erst vor vier Monaten von Gaziantep nach Wien gezogen. Naz

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