Erdbeben-Hilfe: Bundesheer setzt Rettungsaktion nach Unterbrechung fort

Erdbeben-Hilfe: Bundesheer setzt Rettungsaktion nach Unterbrechung fort
Einsatz im Erdbebengebiet läuft seit Dienstag. Nach Pause aufgrund der "Sicherheitslage" wurde der Rettungseinsatz wieder aufgenommen.

Nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien hat das österreichische Bundesheer seine Rettungsaktionen nach einer kurzen Pause wieder aufgenommen.

"Die türkische Armee hat den Schutz unseres AFDRU-Kontingents übernommen", gab Bundesheer-Sprecher Michael Bauer auf Twitter bekannt.

Nach einer kompletten Unterbrechung der Arbeiten durften zwei Hundeführer mit ihren Tieren Samstagnachmittag wieder nach Vermissten suchen, wie das Bundesheer der APA sagte. „Momentan hat die türkische Armee den Schutz unseres Kontingents übernommen“, sagte Marcel Taschwer, Sprecher des Verteidigungsministeriums.

Der Schutz der Türken könne in einem gewissen Bereich gewährleistet werden, so Taschwer. Denn die gefährlichen Rahmenbedingungen an Ort und Stelle hätten sich nicht verändert.

Situation wird laufend evaluiert

Die Situation werde laufend evaluiert. Noch sei nicht abzuschätzen, ob der Rest der Soldaten und Soldatinnen bald wieder eingesetzt werden könnte. Insgesamt seien sechs Hundeführer mit ihren Vierbeinern in der Türkei.

Rettungsaktion kurzfristig eingestellt

Am Samstagvormittag wurden die Tätigkeit aber für eine Zeit eingestellt. "Der erwartbare Erfolg einer Lebensrettung steht in keinem vertretbaren Verhältnis zu dem Sicherheitsrisiko", sagte Oberstleutnant Pierre Kugelweis Samstagvormittag der APA. "Es gibt zunehmend Aggressionen zwischen Gruppierungen in der Türkei. Es sollen Schüsse gefallen sein", so Kugelweis.

Dies bestätigte auch ein Bundesheer-Sprecher im KURIER-Gespräch: "Vor Ort wurde der Ausnahmezustand verhängt, da die Armee in gewissen Gebieten die Kontrolle übernommen hat. Wir selbst hatten mit den türkischen Behörden bisher keine Probleme und auch alle unsere Soldatinnen und Soldaten sind wohl auf."

Die österreichische Katastrophenhilfseinheit halte sich nach Informationen des Bundesheeres gemeinsam mit zahlreichen anderen Hilfsorganisationen in einem Basiscamp in der türkischen Provinz Hatay bereit. Dabei handelt es sich um eine Art Zeltstadt, die von mehreren Hilfsorganisation errichtete wurde. 

Seit Dienstag waren 82 Soldaten und Soldatinnen der sogenannten Austrian Forces Disaster Relief Unit (AFDRU) im Einsatz und bargen bisher neun verschüttete Menschen. Darunter befinden sich auch drei Frauen, fünf Bergretter, sechs Hundeführer, Psychologen und Sanitäter. Seit den frühen Morgenstunden am Samstag kam es nun aufgrund der Sicherheitslage zu keinen Rettungsaktionen mehr.

"Wir halten unsere Rette- und Bergekräfte weiter bereit. Wir stehen bereit für weitere Einsätze", sagte Kugelweis. Auch am Zeitplan - die Rückkehr nach Österreich war für Donnerstag geplant - ändere die aktuelle Situation laut aktuellen Angaben nichts. "Es gab keinen Angriff auf uns Österreicher. Es geht uns allen gut", erklärte der Oberstleutnant. Am geplanten Aufenthalt von zehn Tagen ändert sich also nichts.

Die Stimmung unter den Helferinnen und Helfern sei den Umständen entsprechend gut. "Wir würden gerne weiterhelfen, aber die Umstände sind, wie sie sind."

Auch das deutsche Technische Hilfswerk (THW) und die Hilfsorganisation I.S.A.R Germany unterbrechen wegen Sicherheitsbedenken ihre Rettungsarbeiten. In den vergangenen Stunden habe sich nach verschiedenen Informationen die Sicherheitslage in der Region Hatay geändert, teilten die Organisationen am Samstag mit. Such- und Rettungsteams blieben vorerst im gemeinsamen Basislager in der Stadt Kirikhan. Wenn es einen konkreten Hinweis gebe, dass man jemand lebend retten könne, werde man aber dennoch hinausfahren, sagte die THW-Sprecherin Katharina Garrecht.

THW und I.S.A.R teilte weiter mit: "Grund dafür scheinen unter anderem die Verknappung von Lebensmitteln und die schwierige Wasserversorgung im Erdbebengebiet." I.S.A.R-Einsatzleiter Steven Bayer sagte: "Es ist festzustellen, dass die Trauer langsam der Wut weicht." Tamara Schwarz, Sprecherin der THW-Zentrale in Bonn, sprach von "tumultartigen Szenen".

Unterdessen steigt die Zahl der Toten nach dem schweren Beben immer weiter. Allein in den betroffenen Gebieten in der Türkei wurden 21.043 Tote geborgen, teilte Erdogan Samstagmittag mit. Etwa 80.000 Verletzte würden in Krankenhäusern behandelt, sagte der türkische Vizepräsident Fuat Oktay.

In Syrien wurden mehr als 3.500 Todesopfer gemeldet. Viele Menschen werden noch unter den Trümmern vermisst. Etwa 24,4 Millionen Menschen sind der Türkei zufolge von den Erdbeben betroffen. Über eine Million Menschen hätten kein Dach mehr über dem Kopf und seien in Notunterkünften untergebracht, sagte Vizepräsident Oktay. "Unser Hauptziel ist es, dass sie zu einem normalen Leben zurückkehren können", sagte er. Dazu sollten innerhalb eines Jahres Wohnungen wieder aufgebaut werden.

Insgesamt wurden in der Türkei laut den Behördenangaben fast 93.000 Menschen aus den Erdbeben-Gebieten herausgebracht. Mehr als 166.000 Einsatzkräfte seien an den Rettungs- und Hilfseinsätzen beteiligt. Seit dem ersten Beben Montag früh seien fast 1.900 Nachbeben registriert worden.

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