Kult-Regisseur Kusturica ortet "Kontinuität der Russophobie im Westen"
Am 24. März jährt sich der Beginn des Nato-Bombardements in Serbien zum 23. Mal. Am 24. März 1999 begann der erste Kampfeinsatz des Bündnisses seit 1945. Bis zum 12. Juni fanden Raketenangriffe auf militärische Ziele im ganzen Land statt und hörten erst dann auf, als die Nato-Truppen die umstrittene serbische Provinz Kosovo besetzten. Bei den Luftschlägen kamen etwa 500 Zivilisten ums Leben. Die Intervention des Bündnisses, die die Beendigung des Kosovo-Krieges zum Ziel hatte, ist völkerrechtlich bis heute umstritten.
Der serbische Kult-Regisseur Emir Kusturica erinnerte sich in einem Interview mit dem russischen Staatssender RT eben daran. Die Welt würde die "Dekonstruktion der Macht, die sich vor 23 Jahren als überlegen betrachtete" wieder durchleben. "Der aktuelle Konflikt um die Ukraine ist praktisch eine Fortsetzung der NATO-Bombardierung von 1999", sagte der in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo geborene Kusturica. Der 67-Jährige folgte vor einem Jahr einer Einladung des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu und heuerte als Intendant am Zentralen Akademischen Theater der Russischen Armee in Moskau an.
"Der Westen lehnte Russlands Partnerschaftsangebot ab"
Da Russland damals schwach war und von einer "westlichen Oligarchie" regiert wurde, die den damaligen Präsidenten Boris Jelzin unterstützte, war Serbien absolut allein im Kampf um seine Freiheit, seine Grenzen und sein Überleben. "Damals wurde internationales Recht in das umgewandelt, was ich 'humanitäres 'Recht' nenne", sagte Kusturica und spielte damit auf den offiziellen Nato-Grund für die Bombardierung an. Das sei der Wunsch nach der Beendigung der humanitären Katastrophe am Kosovo gewesen, hieß es auf RT.
"Dies wurde später zu einer Doktrin namens 'Verantwortung für den Schutz', die als Vorwand für Kriege benutzt wurde. Der aktuelle Krieg kam nicht aus dem Nichts. Dies ist eine Fortsetzung von etwas, das viel früher gesät wurde", erklärte der mehrfache Gewinner von europäischen Filmpreisen, u.a. der Goldenen Palme in Cannes. Er sehe eine "Kontinuität der Russophobie im Westen, der Russlands Angebot zur Partnerschaft nach dem Kalten Krieg abgelehnt" habe.
"Unipolare Welt"
Kusturica, der in seiner Karriere auch Filme mit Hollywood-Stars Johnny Depp und Faye Dunaway drehte, äußerte als Serbe Verständnis für den Konflikt in der Ukraine. "In einer unipolaren Welt zahlt jeder den Preis für ihre Handlungen (gemeint sind westliche Mächte, Anm.). Jetzt stehen wir der Dekonstruktion der Macht in der Welt gegenüber. Was am Ende wichtig ist, denke ich, ist, über welche Art von Waffen wer verfügt", stellte der Regisseur fest und warf Boris Jelzin vor, 1999 die Auslieferung von Luftabwehrsystemen an Serbien blockiert zu haben. "Nato traute sich nicht auf den Boden, weil es wusste, dass das serbische Volk heftigen Widerstand geleistet hätte".
Abschließend verurteilte Kusturica das Ausgrenzen russischer Dirigenten, Komponisten und verschiedener Autoren - und das vermeintliche Verbrennen von Büchern auf städtischen Plätzen, im "Stile der Nazis". "Tschechow, Puschkin, Dostojewski, Tolstoi sind ein untrennbarer Bestandteil der europäischen Kultur. Der Westen versucht, sie zu vertreiben, aber die Welt wird sehen, dass diese Teile wieder zusammengefügt werden", sagte Kusturica.
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