Massaker von Srebrenica: Ein Trauma, das ewig bleibt

Massaker von Srebrenica: Ein Trauma, das ewig bleibt
Das brutale Massaker ist in Bosnien-Herzegowina auch 26 Jahre danach noch allgegenwärtig.

Es ist wie ein Vulkan. Auch wenn jede Metapher, die die Ermordung von 8.000 Menschen an einem einzigen Tag darstellen soll, unangebracht erscheint, ließe sich die Erinnerung daran wie diese Naturgewalt beschreiben. So brodelt auch das Massaker von Srebrenica in denen, die von den Jugoslawien-Kriegen gebrandmarkt sind – aber auch in ihren Nachfahren.

Denn die Aufarbeitung eines derartigen Blutvergießens wird niemals abgeschlossen. Auch wenn die Täter zur Rechenschaft gezogen werden. Auch wenn die Mütter die sterblichen Überreste ihrer Söhne endlich gefunden haben. Auch wenn diejenigen, die um ihre Liebsten getrauert haben, ihren letzten Frieden gefunden haben. Der Fleck solch einer Gräueltat lässt sich niemals auswaschen, schon gar nicht von Tränen.

Am 11. Juli jährt sich das Massaker von Srebrenica zum 27. Mal. An diesem Tag nahmen die Truppen der bosnischen Serben die ostbosnische Muslim-Enklave ein, obwohl sie den Status einer UNO-Schutzzone hatte. Die Eroberer ermordeten in der Umgebung der Kleinstadt rund 8.000 muslimische Männer und Buben. Auch heuer werden im bosnischen Staatsfernsehen Gedenkfeiern übertragen, Radio-Sender werden für einen Tag in den Trauermodus gehen und instrumentale Trauermusik spielen. Die Kinder werden darüber klagen und ihre Eltern fragen, was denn an diesem Tag vor 27 Jahren passiert ist. „Eine Schande“, werden sie gesenkten Kopfes sagen. Eine Schande, die in dem anderen Teil des Landes immer noch verschwiegen wird.

Verdrehte Geschichte

Obwohl der Internationale Gerichtshof 2007 das Massaker von Srebrenica als Völkermord eingestuft hat, weist die nationalistische Anhängerschaft der serbischen Seite die Täterschuld von sich. Die Darstellung der Geschichte sei hier „nicht ganz richtig“, erklärte der bosnische Serbenführer Milorad Dodik in einem Interview und bezeichnete Srebrenica als „ein schwerwiegendes Trauma von uns“.

Auch wenn es das serbische Mitglied des bosnischen Präsidiums nicht so meinte, so traf Dodik den Nagel auf den Kopf. Srebrenica ist wahrlich ein Trauma für beide einst bekriegten Seiten: Für die Bosniaken, weil es für immer und ewig schmerzhafte Erinnerungen wecken und daran erinnern wird, dass man Opfer war; für die Serben, weil sie sich ewig für die Täterrolle rechtfertigen werden müssen – unabhängig davon, wie man dazu steht.

So wird ein Genozid zu einem Zankapfel in einem Krieg, dessen Geschichte zwei asymmetrische Seiten hat. Diese gilt es aneinander anzunähern, will man ein Zusammenleben fördern. Bosnien ist dies auch über 26 Jahre nach dem Kriegsende nicht gelungen. Dort werden die Geister des Krieges immer noch herbeigerufen.

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