Eine Deckelung, die Gemüter besänftigen soll
Die Teuerung der Benzinpreise versucht die kroatische Regierung zumindest mit der Deckelung der Spritpreise an allen Tankstellen abseits der Autobahnen abzufedern. Diese Maßnahme werde sich auf 94 Prozent aller Tankstellen auswirken, erklärte Premierminister Andrej Plenković. So darf ab Juli ein Liter Diesel höchstens 13,08 Kuna (1,74 Euro) kosten, Normalbenzin 13,50 Kuna (1,80 Euro). Auf der Autobahn sieht es düsterer aus. Dort muss man 14,57 Kuna (1,94 Euro) für Benzin bzw. 14,06 Kuna (1,87 Euro) für einen Liter Diesel zahlen.
Etwas kurios ist die Begründung für den Anstieg der Preise bei Kfz-Zulassungen. Diese werden künftig etwa 30 Kuna (etwa 4 Euro) kosten - und zwar wegen einer zusätzlichen verpflichtenden Versicherung gegen Wildschäden. Schuld sei laut kroatischen Medien das Landwirtschaftsministerium, das sich mit Versicherungsgesellschaften nicht über eine allgemeingültige Versicherungspolizze einigen konnte.
Um zu verdeutlichen, wie sich die Teuerungen auf das Leben auswirken, hat das Portal Index.hr einen Vergleich angestellt. Verglichen wurden die Ausgaben für ein klassisches Familienmahl von heute bzw. eines aus dem Jahr 2020. Man stöberte in den Werbeprospekten von fünf großen Supermarktketten und pickte sich Aktionspreise für die jeweiligen Zutaten aus.
Am Ende stand ein ernüchterndes Ergebnis da: Während man 2020 noch 79 Kuna (10,50 Euro) für ein Familienessen ausgeben musste, sind es heute gleich 104,5 Kuna (13,88 Euro).
"Die Situation ist für viele Kroaten kritisch"
Index.hr sprach mit dem Präsidenten der Unabhängigen Kroatischen Gewerkschaften, Krešimir Sever, der mit seinem Team seit Jahren den durchschnittlichen Warenkorb privater Haushalte berechnet. Laut ihm brauche es keine Wissenschaft mehr, um zu beweisen, wie teuer alles geworden sei.
"Die Situation ist für viele Kroaten kritisch. Im April lag das Durchschnittsgehalt bei 7.547 Kuna (1001,94 Euro) netto. Wir betonen aber seit Jahren, dass die Lebenshaltungskosten nicht mit dem Durchschnitt, sondern mit dem Mediangehalt verglichen werden sollten", erklärt Sever. Grob erklärt wird das Mediangehalt so berechnet, indem alle ausbezahlten Gehälter vom niedrigsten zum höchsten geordnet werden und dann der Mittelwert ermittelt wird.
"Nach offiziellen Angaben, mit denen die Regierung oft prahlt, haben wir mehr als 1,64 Millionen Angestellte. Das bedeutet, dass etwa 820.000 Angestellte ein Gehalt bekommen, das, einschließlich des Mindestgehalts, bis zur Höhe des Mediangehalts reicht. Und dieses Mediangehalt betrug im April 6.290 Kuna. Man kann es sich gut ausmalen, wie schwer es ist, mit umgerechnet 835 Euro monatlich zu leben", sagt der Experte.
Großer Unterschied
Sever deutete auf einen wesentlichen Unterschied zwischen seinem und anderen EU-Ländern hin. "Interessanterweise besagen Theorien, dass der Anteil von Lebensmitteln und alkoholfreien Getränken am monatlichen Haushaltsverbrauch umso höher ist, je ärmer das Land ist. Laut Eurostat-Daten lag dieser im EU-Durchschnitt bei etwa 13 Prozent, in weiter entwickelten Ländern sogar noch darunter. In Kroatien liegt er bei 27,2 Prozent", stellte der Gewerkschafter fest.
Aus seiner Sicht sei das ein Hinweis darauf, wie ärmlich Kroatien im EU-Vergleich ist. "Wir geben ein Drittel unseres Einkommens für Lebensmittel aus. Und Europäer ein Neuntel. Das ist ein großer Unterschied“, erklärte er.
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