Nach Bränden in der Türkei: Ein Land in Schutt und Asche
Die schlimmsten Waldbrände der Geschichte – so bezeichnete der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan die Brände. Seit Ende Juli waren in der Türkei mehr als 200 Feuer ausgebrochen, darunter 16 große Waldbrände. Von den Bränden war vor allem die Mittelmeerregion betroffen. Antalya, Bodrum, Marmaris – Städte, die man in Österreich normalerweise mit Urlaubsorten verbindet, wurden zu Krisengebieten.
Mittlerweile sind die Wald- und Buschbrände weitestgehend unter Kontrolle. Beruhigt hat sich die Lage in den betroffenen Gebieten aber noch immer nicht. Durch die Feuer wurden schätzungsweise mehr als 150.000 Hektar Land zerstört, darunter Wälder, Felder, Wiesen und ganze Dörfer - eine Fläche mehr als doppelt so groß wie der Bodensee. Acht Menschen kamen ums Leben. Tausende andere verloren ihre Häuser und Wohnungen. Ganze Dörfer mussten evakuiert werden.
Vor verbrannten Häusern
Neben Schutt und Asche haben die Feuer auch großes Leid und Verzweiflung hinterlassen. Täglich kursieren in türkischen Medien Hilferufe und tragische Schicksale. Ein Video, welches derzeit viral geht, ist das von "Cemile Teyze" – zu Deutsch "Cemile Tante". "Mein Haus ist weg. Und auch mein Erspartes. Ich hatte 15.000 Lira für meine Krebsbehandlung in einem Polsterbezug gelagert", erzählt die Bewohnerin des Dorfes Bucak in der Manavgat Region der Provinz Antalya unter Tränen.
Ein anderes Bild, welches das Land erschüttert, ist jenes, von einer Alzheimer erkrankten Frau, die auf einer Matratze vor ihrem abgebrannten Haus schläft. Für beide wurde mittlerweile Hilfe gefunden. Für "Cemile Teyze" erklärte sich etwa die Popsängerin Demet Akalin bereit, ihr das Haus wieder errichten zu lassen. Die zwei Schicksale sind stellvertretend für Tausende.
Angekündigte Hilfen
In einem Beschied verkündete die Regierung nun den Beginn der Krisenhilfe. Mit der im Amtsblatt veröffentlichten Entscheidung des Präsidenten wurde unter der Koordination der Stelle für Katastrophen- und Notfallmanagement eine Hilfsaktion für die durch Brand- und Hochwasserkatastrophen geschädigten Bürger gestartet. Für jene, deren Häuser und Wohnungen durch die Brände unbewohnbar geworden sind, ist geplant, dass die türkische Wohnungsbaubehörde "Toki" neue Häuser innerhalb eines Jahres fertigstellt.
Cemile "Teyze"
Cemile Gullu vor ihrem verbrannten Haus in Bucak, Antalya.
Gerettetes Huhn
Fatma Güllü mit ihrem Huhn, das sie noch vor den feuern retten konnte in Bucak, Antalya.
Das Dorf Kalemeler
Das Dorf Kalemler in der Manavgat Region der Provinz Antalya nach den Bränden.
Verbrannte Quads
Hüseyin Sari, Mitarbeiter in einem Touristen Center, wo circa 100 Quad Bikes verbrannten
Evrenseki in Antalya
Ein Mann in seinem verbrannten Haus. Aufgenommen in Evrenseki, Antalya.
Mangelndes Krisenmanagement
Bisher stand das Krisenmanagement der türkischen Regierung unter starker Kritik. Die Waldbrände offenbarten gravierende Lücken im Brandschutz – wie das Fehlen von Löschflugzeugen. Auch dass Erdoğan bei seinem Besuch der betroffenen Region seine Anteilnahme durch das Zuwerfen von Teepackungen zeigte, sorgte für Empörung in der Bevölkerung.
Zurzeit macht die Regierung hingegen mit Klagen und Verfahren auf sich aufmerksam. Wegen der Kampagne "helpturkey", die auf sozialen Medien um internationale Unterstützung bat, wurden Ermittlungen eingeleitet. Als Grund dafür wird unter anderem die "Erzeugung von Sorge, Angst und Panik" in der Bevölkerung und Anstiftung des Volkes zu Hass und Feindschaft genannt. Untersuchungen gebe es auch wegen des Vorwurfs der Beamtenbeleidigung, Beleidigung des Präsidenten und Herabwürdigung des türkischen Staates.
Wegen der Berichterstattung über die Brände in der Türkei hat die Rundfunkbehörde des Landes (Rtük) zudem Strafen gegen fünf TV-Sender verhängt. Rtük begründete die Entscheidung damit, dass Beiträge Angst und Panik verbreitet hätten und beleidigend gegenüber der Regierung gewesen seien, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch. Die Strafen richten sich gegen die Sender Fox TV, KRT, Tele 1, Halk Tv und Haber Türk. Diese hätten sich unter anderem abwertend über die Reaktion der Regierung Erdogan auf die Feuer geäußert.
Weitere Naturkatastrophen
Wie Zwiegespalten die Wetterlage in der Türkei ist, zeigt sich derzeit im Norden des Landes. Dort kämpft die Bevölkerung mit Hochwasser und Überschwemmungen. In der türkischen Provinz Kastamonu am Schwarzen Meer sind mindestens 17 Menschen ums Leben gekommen. Auch in den Provinzen Bartin und Sinop am Schwarzen Meer gab es nach heftigen Regenfällen Überschwemmungen.
Der Minister für Land- und Forstwirtschaft, Bekir Pakdemirli, hatte am Mittwoch gewarnt, dass die Gegend „einem Desaster, das wir seit 50 oder 100 Jahren nicht gesehen hatten“, gegenüberstehe.
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